Freitag, 3. August 2018

Der Pay Gap beträgt 22%

... nämlich die Lohnlücke zwischen Ost- und Westdeutschland.

Im Osten verdiente man 2017 durchschnittlich 2600 Euro im Monat, im Westen 3339 Euro.

Noch schlimmer auf Landkreisebene: im am schlechtesten bezahlten Landkreis (Görlitz, natürlich im Osten) verdiente man 2183 Euro, während man im am besten bezahlten Landkreis (Ingolstadt, natürlich im Westen) 4635 Euro verdiente.

Immerhin eine Lohnlücke von 53 (!!!) Prozent.

Die Ursachen sind wie immer gemischt: vorrangig strukturell (gibt es florierende Unternehmen oder nicht), aber auch individuell (Qualifikation).

Bei dem Wort "strukturell" müssten sich Ihnen eigentlich die Nackenhaare aufstellen. Denn das bedeutet nichts anderes als eine Ungleichbehandlung der Beschäftigten einzig aufgrund ihres Lebensorts.

Wo bleibt der Aufschrei?

Wo bleibt die Quote für gut verdienende Unternehmen im Osten?

Wo bleiben die Gleichstellungsbeauftragten, die verbieten, ein Unternehmen im Westen zu gründen, solange nicht gleich viele Unternehmen im Osten gegründet worden sind?

Ich meine das durchaus ernst.

Schlagwort: Fadenschein

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Dienstag, 26. Juni 2018

Die Tagesschau schafft sich ab

Inmitten der Koalitionskrise, in der die Kanzlerin mithilfe eines europäischen Gipfels eine Richtlinie sucht, um sie dann kompetent durchzusetzen... aber ich schweife schon ab. Die Tagesschau veröffentlicht einen Kommentar, in dem Malte Pieper die Kanzlerin auffordert: "Räumen Sie das Kanzleramt".

(Übrigens, ich bin Privatblogger ohne Werbeeinnahmen, ich darf sowas zitieren).

Dieser Kommentar wundert mich überhaupt nicht. Er passt wunderbar in die Presselandschaft. Die Dankesbekundungen der Kommentatoren unter dem Kommentar teile ich dagegen nicht.

Darum:

Rein rechtlich: Die Kanzlerin kann nach dem GG einem konstruktiven Misstrauensvotum unterliegen, die Vertrauensfrage stellen oder einfach um ihre Entlassung bitten. Im ersten Fall muss der Bundestag einen Nachfolgekanzler wählen, in den letzten beiden darf er es tun. Nur wenn der der Bundestag keinen Nachfolgekanzler wählt, wird das Parlament aufgelöst und neugewählt.

Die Mehrheit des Bundestags trägt jedoch die Linie der Kanzlerin offensichtlich, sonst gäbe es das Misstrauensvotum schon längst. Selbst ein vorgeschlagener Nachfolgekanzler würde also keinen radikal anderen Politikstil vertreten. Und eine Neuwahl wird nicht stattfinden, sowas fürchten die Parteien wie der Teufel das Weihwasser (siehe Fastgleichstand der SPD mit AfD, und dass selbst eine große Koalition heutzutage eine Minderheit wäre).

Im Prinzip ist der Kommentar nichts also anderes als der Ruf nach einer zeitweiligen Handlungsunfähigkeit der deutschen Regierung, mit dem verdeckten Hintergedanken, dass das Wahlvolk in der Folge trotzdem nicht zum Zug kommen wird.

Und das gleich auf zwei Arten. Erstens haben die Deutschen diese Konstellation sehenden Auges nach 2 Jahren Flüchtlingskrise so gewählt.

Viel beschämender ist aber, womit Malte Pieper seine Forderung begründet: Die Kanzlerin genieße nicht mehr das Vertrauen der anderen europäischen Staaten, die Interessen aller [Europäer] im Blick zu haben.

Nun, wer glaubt, dass Europa an Merkel scheitert, muss sich vorwerfen lassen, entweder größenwahnsinnig zu sein oder ein tiefes Misstrauen in die EU zu hegen, die ohne Deutschland wohl nicht zu genesen vermag.

Zuletzt: Keine May, kein Salvini, ja nicht mal ein Macron wurde gewählt, um den Europäern zu gefallen, sondern um Innen- und Außenpolitik im Interesse ihres Landes zu betreiben. Es ist die deutsche Kanzlerin, Herr Pieper, nicht die europäische. Dass Sie gleichsam den Europäern ein nicht verfassungsmäßiges Recht auf ein Misstrauensvotum einräumen, die deutschen Wähler dagegen im Kommentar überhaupt nicht vorkommen, spricht Bände über Ihr Verhältnis zum Grundgesetz.

Das Grundgesetz kennt kein "Räumen" des Kanzleramts, das Herr Pieper fordert. Die rechtlichen Möglichkeiten für einen Kanzlerwechsel stehen im Grundgesetz (abgesehen vom Rücktritt), und ich habe sie oben erwähnt. Darf man von Öffentlich-Rechtlichen nicht erwarten, im Zuge des Bildungsauftrags wenigstens die korrekten Begriffe und den gesetzlichen Rahmen zu erwähnen, den man für seine Überlegungen heranzieht?

In den Kommentaren ist mehrheitlich, wie schon erwähnt, ein kollektives Aufseufzen zu vernehmen: endlich sagt's mal einer in den Medien.

Da die Große Koalition in derzeitigen Umfragen nur eine Minderheit erreicht, darf man davon ausgehen, dass die Mehrheit der Deutschen die aktuellen politischen Entscheidungen in der Tat nicht mitträgt. Wer mit einigermaßen offenen Ohren durchs Land geht, hat sich das schon vor zwei Jahren abzeichnen sehen. Und zwar nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa, um beim Fokus des Kommentators zu bleiben.

Die Medien hätte es gebraucht, unvoreingenommen darüber zu berichten und sich in Analysen und Kontrollen zu versuchen. Jetzt, wo die Mehrheit amtlich ist, schnell noch scheinbar in den lauteren Chor mit einzustimmen, ist purer Populismus.

Niemand braucht Medien, die mit Nachrichten erst kommen, wenn die Mehrheit sie schon kennt.

Aber die einen waren ja eher mit dem Telemedienstaatsvertrag und die anderen mit dem europäischen Leistungsschutzrecht beschäftigt, als sich um ihre Kernaufgabe zu kümmern.

Schlagwort: Fadenschein

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Montag, 5. Februar 2018

Nachruf auf #metoo

Eine faszinierende Tatsache ist, dass Deutschland noch 70 Jahre nach dem 2. Weltkrieg Denkmäler für die eigene Schuld baut. Die Nazis waren die Bösen, das ist klar, und deshalb hat man ihnen juristisch und geschichtlich auch den Prozess gemacht. Aber auch in meiner Familie sind der Nazis wegen Väter umgekommen, Mütter Witwen und Kinder Halbwaisen geworden. Waren wir nicht Opfer, die die Suppe auszulöffeln hatten?

Bis heute kann man sich bei solchen Gedanken auf die Gegenfrage gefasst machen: "Und was habt ihr damals dagegen getan?". Als hätten wir Mitschuld wegen unterlassenen Tyrannenmords.

Dabei gab es genügend menschlich verständliche Gründe, das mit dem Tyrannenmord bleiben zu lassen. Georg Elser und der Gruppe vom 20. Juli ist er nicht gut bekommen, der Henker kam selbst fürs Postkartenschreiben. Dennoch wird denen, die sich vor Denunzianten und um ihr Leben fürchteten, der Opferstatus verweigert.

Warum ist das bei #metoo eigentlich anders? Die meiste Aufmerksamkeit bekommt die Bewegung, wenn eine einigermaßen bekannte Frau berichtet, vor Jahrzehnten von einem viel bekannteren Mann sexuell angegangen zu sein.

"Und was hat sie damals dagegen getan?"

Ja, was schon. Sie wird behaupten, es hätte ihnen eh keiner geglaubt, und wenn das wahr ist, wäre das abscheulich. Nur: es wäscht sie moralisch nicht rein. Wer weiß, ob ihnen nicht doch jemand zugehört hätte? Die erste Frau, die von Weinstein angegangen wurde, dann Zeter und Mordio geschrien und den Fall öffentlich gemacht hätte, würde so vielen Frauen nach sich ein Martyrium erspart haben. Jede Frau, die heute unter #metoo eine Offenlegung schreibt, fällt sich selbst ein blamables Urteil: nämlich Mitläuferin gewesen zu sein. Den Tyrannen nicht gemordet zu haben, macht zur Mittäterin, nicht zum Opfer. "#metoo" als Kürzel für: "Ja, auch ich habe dieses System lange durch mein Schweigen unterstützt."

Da fällt mir auf: Nicht nur heute besteht die halbe Menschheit aus Frauen, und die Mehrheit der Männer aus anständigen Menschen. Woher nehmen die angeblichen Opfer eigentlich die Gewissheit, ihnen hätte damals keiner geglaubt? Hätten nicht wenigstens alle anderen Frauen und die anständigen Männer ihnen geglaubt, so wie heute?

Wie soll ich mir das erklären? War es vielleicht so, dass die nächste Schauspielerin, noch zwei Jahre jünger und bereit zu noch größeren Schandtaten, ihre Empörung eben gar nicht geteilt hätte, sondern nur darauf wartete, dass ihre Konkurrentin die Couch bei Weinstein wieder frei machte?

In dem Fall wäre nicht der eine böse Mann der Täter und die armen Frauen die Opfer, sondern es wären die Frauen selbst gewesen, die dieses System so lange am Laufen hielten.

Ganz wie bei Hitler und den Deutschen.

Ja, so muss es wohl gewesen sein.

Schlagwort: Fadenschein

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Donnerstag, 7. Dezember 2017

Mut, Macht und James Levine

Laut FAZ online hat Kanzlerin Merkel den Mut der #MeToo-Initiatoren gewürdigt.

Aber das war kein Mut. Das war Macht.

Macht verdirbt, und seit jeher missbrauchen Leute ihre Macht, um ihre Wünsche zu befriedigen. Sexuelle Wünsche nicht ausgeschlossen. Künstler nicht ausgeschlossen.

Jetzt hat sich das Blatt gewendet. Wer sich vor 20, 30 Jahren noch ohne Stimme wähnte, muss heute nur noch ein #metoo an seine Geschichte pappen, um andere medienwirksam hinzurichten, ohne dafür Rechenschaft ablegen zu müssen, ja selbst ohne irgend einen Beweis zu erbringen.

Auch das ist Macht. Und ohne Zweifel verdirbt auch diese Macht (nicht wahr, Frau Claudia D., Frau Gina-Lisa L., Frau Heidi K.?).

In diesem Klima nun mit jahrzehntealten Stories herauszukommen, hat so viel Mut, wie ab 1946 schlecht von den Nazis oder ab 1990 gegen die DDR geredet zu haben.

Mutige Menschen nähmen Nachteile für ihr Handeln in Kauf. All die (bisher noch angeblichen) Opfer, die angesichts des zu verurteilenden Missbrauchs diesen eben nicht öffentlich verurteilt haben, um sich ihre Karriere zu sichern, waren nicht mutig, sondern Opportunisten.

Das sind solche, die wie im Fall des aktuell bezichtigten James Levine jahrelang tuscheln, aber nichts laut sagen, weil ihnen ihre Karriere trotzdem noch wichtiger ist als ihr emotionales Trauma - und auch das Trauma aller späteren möglichen Opfer. Und denen es jetzt einfach mehr einbringt, zu reden, als zu schweigen.

Mir drängt sich die Frage auf, ob das heute an Anzahl nicht schon mehr Machtmissbraucher sind als die 70 shitty media men.

Schlagwort: Fadenschein

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Mittwoch, 4. Oktober 2017

Wahlnachlese

Gerade die Parteien, die sich gern abgrenzend als demokratisch bezeichnen, scheinen sich am allerwenigsten für die diesjährige Bundestagswahl begeistern zu können.

Gedankenexperiment: Man lasse die im Bundestag vertretenen Parteien alle vier Jahre freiwillig einen neuen Bundestag bestimmen, der dem von ihnen angenommenen Wählerwillen entspricht.

Wäre dann dieses Ergebnis herausgekommen?

Wenn nein, warum nicht?

Schlagwort: Fadenschein

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Dienstag, 13. Juni 2017

Geschichte wird gemacht

Zu Beginn des Frankreich-Feldzugs 1940 war die Erinnerung an die französische Niederlage im deutsch-französischen Krieg noch keine 70 Jahre alt; die an die deutsche Niederlage im ersten Weltkrieg noch keine 25. Und die Stimmung zwischen beiden Staaten war vergiftet: durch die gemeinsame Geschichte einerseits, und durch beidseitige Propaganda andererseits.

Dass es auch anders geht, zeigen die zuletzt vergangenen 70 Jahre: trotz jahrhundertelanger Zerwürfnisse schlossen beide Nationen sogar einen Freundschaftsvertrag, der bis heute hält - nicht nur auf politischer Ebene, sondern auch zwischen den Bevölkerungen.

Es geht also. Abneigung zwischen den Nationen ist nicht gottgegeben. Sie lässt sich herstellen - und besiegen. Ob man das eine oder das andere anstrebt, hängt davon ab, ob man Krieg oder Frieden will, nationalistisch oder kosmopolitisch denkt.

Und es gibt zu denken, wie man so lange die Mär vom Erbfeind aufrechterhalten konnte - solange es politisch opportun war - und sich ihrer dann so schnell entledigen konnte (als das wirtschaftlich opportun war).

Welche Geschichten werden uns eigentlich heute noch verkauft oder sind perpetuiert, obwohl sie eigentlich sinnlos sind?

Dazu ein Ausflug ins heutige Russland.

Einer der höchsten Feiertage ist der 9. Mai. Der Siegestag. Dass der Sieg am 8. Mai errungen wurde - egal.

Der Siegestag übrigens markiert das Ende des Großen Vaterländischen Krieges, der von 1941-1945 dauerte. Richtig, dass alle Welt es "Zweiter Weltkrieg" nennt, der 1939 begann und die Polen, die Franzosen und halb Europa traf - egal.

Seit 2005 pinnen und binden die Russen sich übrigens das Sankt-Georgs-Bändchen an alle möglichen und unmöglichen Stellen. Das ist ein fünfstreifiges Bändchen in schwarz-orange-schwarz-orange-schwarz, das an den Sieg über Deutschland erinnern soll. Sie bezeichnen das als "Tradition".

Mit diesem Bändchen ist es so eine Sache. Es gibt ein Sankt-Georgs-Band (kein Diminutiv!), der hielt aber einen echten militärischen Orden von vor 200 Jahren und war schwarz-gelb, nicht schwarz-orange. Egal.

Weiters wurde die Medaille „Sieg über Deutschland“ nach 1945 en masse an fast 15 Millionen sowjetische Soldaten verliehen, und die weist zwar das bewusste schwarz-orangene Band auf, hat aber nichts mit dem Georgsband zu tun. Egal.

Geschichte wird gemacht. Wer das Datum des Kriegsendes, des Kriegsbeginns, seine Bezeichnung und seine Erkennungsmerkmale einfach so setzen kann - wider die Realität - der macht seine Geschichte. Und verfolgt damit ein Ziel.

Und wieder frage ich mich, welche Geschichten man uns in Deutschland als Geschichte verkauft.

Wird eigentlich ausreichend gewürdigt, dass die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs von Vertretern einer Diktatur (Stalin), einer Kolonialmacht (Churchill) und des ungezügelten Kapitalismus (Roosevelt/Truman) repräsentiert wurden?

Was sagt es über den Willen aus, einen Weltkrieg zu beenden, wenn der am D-Day immerhin schon knapp 5 Jahre lang gedauert hatte?

Unter Beschuss welcher Armeen hat Hitler eigentlich aufgegeben? Der Alliierten oder der Sowjets?

Kann man die Siegermächte wirklich als solche bezeichnen, wenn sie weder in der Lage noch interessiert daran waren, den Übergang vom Zweiten Weltkrieg in einen über vierzigjährigen Kalten Krieg zu verhindern?

Und hat dann Deutschland nicht eigentlich jenen Kalten Krieg gewonnen?

Wer macht, dass wir darüber nicht öffentlich nachdenken, und warum?

Schlagwort: Fadenschein

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Montag, 10. April 2017

Warum wir den Medien nicht trauen

Na, zum Beispiel darum: "Viele Unterhaltsverweigerer kommen durch" titelt die FAZ, und wer nicht mehr Zeit hat, als die Überschrift zu lesen, kommt somit auf den Trichter, man müsse die bösen Unterhaltsverweigerer (Unterhaltsverweigerer natürlich!) endlich mal härter anfassen.

Dann, am Ende der ersten Seite des Artikels, der Offenbarungseid: "Sture Zahlungsverweigerung trotz ausreichenden Einkommens komme dagegen nicht allzu oft vor" - dies aber fein in indirekter Rede gehalten und vom Leiter der Grundsatzabteilung Sozialamt Köln Winfried Nußbaum abgeschrieben, damit sich der Redakteur Dietrich Creutzberg im feministischen Berlin ja nicht vorwerfen lassen muss, sich diese unkommode Wahrheit zueigen zu machen.

Während also der eigentliche Skandal ist, dass

  1. Einzelverdiener nicht mehr in der Lage sind, den finanziellen Verpflichtungen ihrer (wenn auch getrennten) Familie nachzukommen,
  2. und
  3. alle Steuerzahler, also auch ich, die mit der Zeugung des Kindes nun wirklich nichts zu tun hatten, zu dessen Alimentierung herangezogen werden,
findet die FAZ nichts wichtiger, als hohl und durchschaubar gegen Väter zu sticheln.

Schade. Wo finde ich heute noch ein Qualitätsmedium?

Schlagwort: Fadenschein

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Montag, 13. März 2017

21 ... 7 (... 0?)

21 kleine Prozentelein, die wurden untersucht ... und da waren's nur noch 7. Sagt der Deutsche Gewerkschaftsbund, ohne rot zu werden.

Denn die Stuttgarter Zeitung zitiert eben jenen mit den Worten, "[auch] bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit verdienten Frauen im Schnitt sieben Prozent weniger als Männer".

Oha!

7 Prozent!

Ich traue ja meinen Augen kaum. Zieht etwa Verstand in die öffentliche Debatte um die sogenannte Entgeltlücke ein? Behauptete doch der DGB gar unlängst noch, die Entgeltdifferenz läge bei 21%!

Ich habe mich im Blog hier schon mal über die 21% lustig gemacht, über die man nur sprechen kann, wenn man den Bericht des Bundesamts entweder gar nicht liest oder nur die ersten paar Sätze.

Jetzt hat wohl auch der DGB bemerkt, wie lächerlich man sich mit dem Rezitieren der 21% macht, und rudert auf 7% zurück.

Und schummelt natürlich weiter, denn "bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit" heißt eben auch "bei geringerer Berufserfahrung, geringerer Bereitschaft zu Vollzeit und Überstunden, geringerer Bereitschaft zu langen Arbeitswegen" usw.

Ich will das alles gar nicht werten. Jeder soll tun, was ihn glücklich macht, sich aber dann über die Konsequenzen nicht aufregen.

Ich will aber auf den klammheimlichen Übergang der öffentlichen Diskussion zwischen 21% und 7% hinaus.

Wo ist eigentlich das Mea Culpa der ganzen 21%-Apologeten geblieben, die jetzt auf der 7%-Welle mitreiten? Wer von denen hat öffentlich gesagt: "Okay, wir haben den Bericht nicht verstanden, oder nicht gelesen, und nur laut mitgeschrien"?

Lustig fand ich damals ein Interview der Stuttgarter Nachrichten mit der IG-Metall-Vizechefin Christiane Benner. Sie bewies, dass sie mit Recht diese Funktion ausfüllt, als sich der lobhudelnde Interviewer Matthias Schiermeyer von ihr eine Klatsche abholt, wenn er sich als Stichwortgeber versucht: "Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern beträgt insgesamt 21 Prozent", und sie ihn abfertigt: "Mir geht es um den ehrlichen Vergleich gleichwertiger Tätigkeit. Da haben wir eine bereinigte Entgeltlücke von sieben bis acht Prozent."

Zum Totlachen! Die vierte Macht als Fake-News-Poster, der sich von der Interviewten das Weltbild zurechtrücken lassen muss! Das hat was.

Und die Stuttgarter Nachrichten scheinen daraus gelernt zu haben, denn seitdem erscheinen nur noch Formulierungen indirekter Rede: "die bisher bestehende Lohnlücke von 21 Prozent sei ungerecht", so zitierend die Ministerin Schwesig, die das Memo zu den 21% offensichtich noch nicht bekommen hat.

Vielleicht sollte sie sich mal mit Frau Christiane Benner treffen? Wichtiger als ein Redakteur der Stuttgarter Nachrichten wäre mir eigentlich, dass eine Ministerin versteht, wo die 21% herkommen, und wo sie hingehören.

Oder sie liest mal die Stuttgarter Nachrichten, wo Klaus Köster schon im Januar die Ansichten der Ministerin aufs Korn nimmt, beispielhaft zerpflückt, und auch einen Finger in die echte Wunde legt:

"[Die] Erziehung von Kindern [ist] für die Familien [ein] ... organisatorischer Drahtseilakt." Den die Mütter ausbaden müssen, weil Vollzeitarbeit da nicht mehr drin ist, und die Väter auf ihre Weise auch, weil sie mit Kind und Frau in Teilzeit noch mehr arbeiten müssen als vorher.

Ein wirksames Gesetz wäre also, Arbeitgeber von Eltern zu verpflichten, beiden Elternteilen Teilzeit zu gewähren, damit sich beide gleich viel um die Kinder kümmern könnten und keiner einen Vor- oder Nachteil in der Karriereplanung haben muss.

Das wäre mal das Übel an einer seiner Wurzeln gefasst.

Aber ich bin über meinem Lob an die Stuttgarter Nachrichten etwas vom Thema abgekommen. Ich warte noch auf die öffentliche Entschuldigung derer, die früher die faule 21%-Botschaft verkündet haben (oder es immer noch tun).

Als Denkanstoß sei auf ein Detail verwiesen: während die völlig unbereinigte Lohnlücke in Baden-Württemberg bei 25% liegt, erreicht sie in den neuen Bundesländern 6%.

Oh, ach? Was machen denn die Ossis besser? Oder leben da fast keine Männer mehr?

Nein, die Erklärung ist einfach, dass die 21% strukturell eben nicht vorranging im Geschlecht zu verorten sind, sondern in anderen Faktoren, die ganze Genderfrage mit der Lohngerechtigkeit also gar nichts zu tun hat. Ich z.B. verdiene nur zwischen 0,3 und 0,4% von dem, was Martin Winterkorn im Jahr bekam, und da haben wir sogar das gleiche Geschlecht.

Schlagwort: Fadenschein

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Mittwoch, 8. März 2017

Männer schlechtreden mit den unverzichtbaren Qualitätsmedien

Unter dem selbstbewussten Titel "Sachsens Frauen arbeiten am meisten" wird in der SZ (und vielen anderen Medien, die von der dpa abschreiben) gehörig die Realität verbogen.

Die dpa war offensichtlich bei der Vorstellung des Gutachtens zum zweiten Gleichstellungsbericht im Bundesministerium für alles außer Männer dabei und hat sich von Ministerin Schwesig in die Notizbücher schreiben lassen, dass Frauen 52% mehr unbezahlte Arbeit als Männer übernehmen (die Sächsische Zeitung schreibt noch "täglich" dazu, was bei einem Prozentwert natürlich Unsinn ist. Schriebe man monatlich oder jährlich, wäre es genauso richtig.)

Übersetzt in absolute Zeit hieße das: Frauen leisten täglich (hier ist das wichtig) 87 Minuten mehr für unbezahlte Arbeit als Männer. 10 Stunden pro Woche! Für Ministerin Schwesig ein Grund zu behaupten, "bis zur Gleichstellung von Frauen und Männern sei es noch ein weiter Weg."

Sind die Männer wirklich so faul? Nein, natürlich nicht.

Nehmen wir mal die fast 60% der Männer, die abhängig beschäftigt sind. Der Gleichstellungbericht gibt zu: "Abhängig beschäftigte Männer leisten im Schnitt über 8 Stunden in der Woche mehr Erwerbsarbeit als abhängig beschäftigte Frauen." Und: "Die Erwerbsarbeitszeiten vieler Männer lassen nicht viel Zeit für Fürsorgeverantwortung zu."

Aha. Männer leisten weniger unbezahlte Arbeit, weil sie in der Zeit ... bezahlte Arbeit leisten. Die Schlawiner. "Moment", sagen Sie, "das erklärt aber nur 8 von den 10 Stunden".

Ja, weil sich die 87 Minuten Mehrarbeit sich auf ALLE Frauen beziehen - also auch auf die, die gar nicht arbeiten gehen. Und von denen gibt es viel mehr als Männer, denn Männer sind zu 82% erwerbstätig, Frauen aber nur zu 73% (und von denen machen nochmal mehr Teilzeit als Männer). Wie sieht es also wirklich mit der Zeitverteilung aus?

Geht man der Spur aus dem Gutachten zu seinen Quellen beim Statistischen Bundesamt nach, liest man Überraschendes, wie: "Auffällig ist, dass Väter in Haushalten mit Kind gut 2 Stunden pro Woche mehr arbeiten als Mütter." - Frauen 57 Stunden und Männer 59 Stunden (Erwerbstätigkeit: Frauen 17 Stunden, Männer 37; unbezahlt: Frauen 40 Stunden, Männer 22).

So sieht das aus, wenn man nicht Äpfel mit Birnen vergleicht. Aber das wird man aus dem Mund einer Ministerin für alles außer Männer nicht hören, die dpa wird nicht nachfragen, und die armen Redakteure der vielen Abschreibermedien von dpa-Nachrichten werden es nicht recherchieren.

Seufz.

(Übung in Medienkompetenz: Natürlich muss man auch die Quellen des statistischen Bundesamts komplett lesen.)

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Donnerstag, 18. August 2016

Die Burka ist ... wen verachtend?

Gerade kocht mal wieder die Diskussion zur kopf- und körperverhüllenden Mode in islamisch geprägten Kulturen hoch.

Und wie immer wird, wenn ihre Integration in Deutschland verhandelt wird, ein frauenzentrischer Blickwinkel eingenommen. Wie zum Beispiel Jens Spahn in der FAZ schreibt, komme im Tragen der Verschleierung "ein völlig absurdes Frauenbild zum Ausdruck".

Ich gebe hiermit zu Protokoll, dass die Verschleierung vielmehr ein völlig absurdes Bild von mir als Mann zeichnet. Der Männer wegen, die sich beim Anblick unbedeckter weiblicher Haare und Haut angeblich sexuell nicht mehr beherrschen können, wird der ganze Verschleierungszirkus ja veranstaltet.

Mir steht es nicht zu, darüber zu urteilen, was einen islamischen Mann die Kontrolle über sein Handeln verlieren lässt. Ich aber empfinde es als persönliche Beleidigung, wenn Frauen, sich vor mir verschleiernd, mich implizit anklagen, ich würde sonst über sie herfallen wie ein Tier.

Die Burka verachtet nicht die muslimische Frau! Sie verachtet den westlichen Mann.

Schlagwort: Fadenschein

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