Dienstag, 29. September 2015

VW hat alles richtig gemacht

In das ganze unreflektierte Gebrüll hinein möchte ich hier anmerken, dass VW alles richtig gemacht hat.

Ja, sie haben eine Steuerungssoftware für den Motor. Ein Glück auch. Treibstoff einsparen, Klopfen verhindern - ohne Steuerungssoftware unmöglich.

Ach so, die Steuerungssoftware passt sich an besondere Bedingungen an. Ach was! Das ist genau der Zweck einer solchen Software.

Ich frag Sie mal was: fahren Sie überall in der Stadt 50 km/h oder nur dort, wo ein Blitzer steht? Könntent Sie noch heute (ohne Lernen) die Theorieprüfung für die Fahrerlaubnis bestehen?

Nein! Ihr ganzes Leben basiert darauf, dass Sie nur punktuell geprüft werden, und dass Sie genau dann darauf eingestellt sind. Genau wie die Motorsteuerungssoftware von VW.

Also: wer sich überall an die Geschwindingkeitsbegrenzung hält, der werfe den ersten Stein.

Aber leider ist Aufschreien in Deutschland cooler als Nachdenken.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

Bezug herstellen   > Mir etwas anheimstellen (0 Kommentare)



Freitag, 14. August 2015

Vater, Mutter, BGB

Der Wind vergangener Jahrhunderte weht noch durchs BGB, wo die Mutterschaft biologisch begründet wird, die des Vaters jedoch sozial. Die Mutter ist die Frau, die das Kind "... geboren hat" (§ 1591 BGB) - zum Vater dagegen wird wer "zum Zeitpunkt der Geburt [echt jetzt!] mit der Mutter ... verheiratet" war, die "... Vaterschaft anerkannt" hat oder dessen "... Vaterschaft ... gerichtlich festgestellt" wurde (§ 1592 BGB). Das war für 100 Jahre, während derer nur die Mutter als biologischer Vorfahre eines Kindes eindeutig festzustellen war, zweifellos das richtige Gesetz.

Heute dagegen ist es durch DNA-Tests leicht und erschwinglich geworden, die biologische Verwandtschaft von Vätern zu Kindern festzustellen, und es braucht kein langes Nachdenken, es als gerecht zu erachten, dass Männer keine Kuckuckskinder aufzuziehen haben, wenn das vermieden werden kann.

Gleichzeitig ist die Konsequenz des BGB aus dem Mutterbegriff nicht mehr haltbar, da diese Kategorie heute verschwommen ist. Seit die befruchtete Eizelle der einen Frau durchaus im Körper einer anderen heranwachsen kann, stellt die Geburt nur mehr einen sozialen Bezug her statt einen biologischen. Es wäre absurd, dem BGB gemäß die Leihmutter, die das Kind "geboren hat", als Mutter anzusehen und nicht die Frau, die das Erbgut des Kindes beigesteuert hat.

Ich hätte eigentlich von den Gender Studies erwartet, diese Veränderungen in den Kategorien zu betrachten und anhand einer Wertung der Auswirkungen eine veränderte Behandlung vorzuschlagen. Das kann durchaus unterschiedlich ausfallen. Zum Beispiel: Warum überhaupt "Vater" und "Mutter" sagen? Diese Kategorien ließen sich problemlos tilgen und durch "Eltern" ersetzen, da es keinen Sachzwang für eine unterschiedliche Behandlung beider mehr gibt. Das eröffnet sogar den Weg für zukünftige Neu- oder Paralleldefinitionen des Elternbegriffs, zum Beispiel soziale statt biologische (das haben wir jetzt schon bei der Adoption).

Leider schweigen sich die üblichen Verdächtigen zu diesem handfesten Thema aus. Oder ist mir da was entgangen? Tatsächliche Anstrengungen der Gleichberechtigungslobby, das Familienrecht im BGB ans einundzwanzigste Jahrhundert anzupassen, dürfen Sie gerne in den Kommentaren verlinken.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

Bezug herstellen   > Mir etwas anheimstellen (0 Kommentare)



Dienstag, 12. Mai 2015

Erzieherinnen kosten zu wenig

Die KiTas sind zu. Die Erzieherinnen streiken. In ihren Augen bekommen sie nicht genug Geld, und ihr Job ist ihnen zu stressig.

Nun ja, mir sind kaum Berufe bekannt, deren Vertreter nicht dasselbe von sich behaupten. Mit dieser Argumentation könnten wir einfach jedem das Gehalt erhöhen, und dann wären wieder alle unzufrieden, weil sie nicht mehr wertgeschätzt werden als jeder andere.

Doch gerade um die Wertschätzung geht es bei dem Streik, der mit dem Argument geführt wird: Erzieherinnen kümmern sich um unsere Kinder, und die sind unsere Zukunft, und das sollte uns schon mehr Geld wert sein.

Nur: Was hat das Gehalt einer Erzieherin mit der Zukunft meines Kindes zu tun? Wird sie mein Kind so lange schlecht betreuen, bis sie mehr Geld verdient? Ein öffentliches Bekenntnis zur Schlechtleistung also? So jemand hätte seinen Beruf verfehlt und gehörte gekündigt. Genau wie ich, wenn ich nur noch minderwertigen Programmcode schreiben würde, um meinen Chef zu erpressen.

Aber gesetzt den Fall, dass der Streik Erfolg hat: Ein überdurchschnittlich bezahlter Job zieht Leute an, die ihn wegen des Geldes ergreifen - nicht weil sie sich für das Fortkommen der Kinder interessieren. Das braucht niemand.

Kurz: zwischen Qualität der Erziehung und dem Gehalt der Erzieherinnen gibt es keinen kausalen Zusammenhang.

Anders sieht es mit dem Stress aus. Wenn eine Erzieherin sich um 6 oder 10 Kinder kümmern muss, dann bleibt für jedes Kind nur ein Bruchteil der Zeit und Aufmerksamkeit, die es zu Hause bekommen könnte, wenn es dort von den Eltern betreut würde. Dass die Erzieherin einen pädagogischen Abschluss hat, spielt hierbei kaum eine Rolle: das Konzept der Qualitätszeit ist mittlerweile widerlegt (welches besagte, Erfolg sei ein Produkt aus Qualität und Zeit, so dass man mit Kindern die Hälfte der Zeit verbringen könne, würde sie nur mit doppelt wertigen Aktivitäten gefüllt).

Erzieherinnen müssen also nicht besser bezahlt werden - es müssen mehr eingestellt werden! So, dass möglichst ein Erzieher auf drei oder zwei Kinder kommen.

Alle winken ab: zu teuer. So viel ist die Zukunft dann noch nicht wert. Aber es stimmt: Für die KiTa-Kosten eines Kindes stehen schon jetzt Zahlen von 1000-1300 EUR monatlich im Raum, plus Beteiligung der Eltern. Gäbe es dreimal so viele Erzieherinnen, wären wir schnell bei 4000 EUR pro Kind und Monat. Das sind ja keine fiktiven Kosten, die fielen tatsächlich an, und würden sie auf die Verursacher umgelegt, wäre es ganz schnell vorbei mit der institutionalisierten Kinderfremdbetreuung. Für das Geld könnte ich mir eine private Erzieherin nach Hause holen. Oder daheimbleiben und mir die Doppelbelastung Familie-Beruf sparen.

Genau hier liegt der eigentliche Grund für den Streik der Erzieherinnen. Das Problem ist nicht, dass sie zu wenig Geld verdienen, sondern, dass die Betreuung die Eltern zu wenig kostet (nämlich eine Größenordnung weniger als das, was sie tatsächlich wert ist). Das ist dasselbe wie mit dem Atomstrom. Nur - mit solchen Schlussfolgerungen können Sie natürlich keine Unterstützung für Ihren Arbeitskampf erwarten. Aber dafür haben Sie ja mich ;-) Ich verhandle selbst über mein Gehalt und brauche daher keine oberflächlich eingängigen, aber unlogischen Argumente zu fördern.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

Bezug herstellen   > Mir etwas anheimstellen (0 Kommentare)



Montag, 6. April 2015

Wie Herr Draghi keine Inflation herbeiführen kann (mein Chef und ich aber schon)

Dem gemeinen Deutschen stellen sich beim Wort "Inflation" aus historischen Gründen die Nackenhaare auf. Das wurde bisher weidlich genutzt: insbesondere, um Arbeitnehmern klarzumachen, dass ihre Löhne keinesfalls steigen dürften. Denn höhere Löhne führen zu Preiserhöhungen, also zur Inflation und WIR WERDEN ALLE STERBEN!

Die Löhne steigen aber trotzdem ein bisschen, und das hat den simplen Grund, dass steigende Löhne gut für die Wirtschaft sind. Wenn Otto Normalverbraucher 5% mehr verdient, kauft er sich davon nicht 5% mehr Brot (wir sind nicht in der Nachkriegszeit, jeder kann sich an Brot sattessen). Sondern er kauft entweder ein Brot, dass 5% besser (und teurer) ist, oder er kauft sich etwas, was er sich früher nicht leisten konnte. Das kurbelt in beiden Fällen die Wirtschaft an, die durch die Nachfrage gezwungen wird, innovative Produkte auf den Markt zu bringen. Sie wird auch umgehend dafür belohnt.

Nun wollen die EZB-Volkswirtschaftler eine Inflation von knapp 2% erreichen, bekommen aber momentan gerade ein halbes Prozent zusammen. Was würden wir ihnen also vorschlagen? Genau: Eine Lohnerhöhung besonders für die niederen Einkommensschichten, und ihr könnt gar nicht so schnell gucken, wie die Inflation da ist.

Das geht aber natürlich mal GAR NICHT. Wäre ja noch schöner, wenn Sie mehr Geld in der Tasche hätten. Nee nee, träumen Sie weiter, das Geld gehört in andere Taschen. Und dafür, dass Geld in fremde Taschen kommt, geht die EZB über alle Leichen der Logik.

Was war gleich der Grund für eine gesunde Inflation? Ah, eine brummende Wirtschaft soll nicht durch mangelnde Geldmittel abgewürgt werden. Wir haben heute aber keine brummende Wirtschaft und brauchen daher auch keine größere Geldmenge. Die EZB weiß das auch, verkehrt aber ihren Auftrag flugs ins Gegenteil und erklärt, die Wirtschaft durch eine größere Geldmenge zum Brummen bringen zu wollen.

Allerdings nicht, indem sie IHNEN mehr Geld in die Hand gibt: das kann sie nicht, denn niemand kann Sie zwingen, zu Ihrem Chef zu gehen und ihn mit ihrem Ausscheiden zu erpressen, falls er Ihnen nicht das Gehalt erhöht. Also tut sie, was sie eben so kann, und versucht, die Geldmenge durch Anleihenkäufe zu erhöhen.

Die FAZ findet nun, dass das leider nicht funktioniert, obwohl es so gut gedacht war:

  1. Verkaufen Banken Anleihen, bekommen sie Mittel für mehr Kredite frei, so kommt die Wirtschaft in Fahrt.
  2. Kauft die EZB Anleihen, sinkt deren Rendite und damit das Zinsniveau insgesamt, so dass mehr Kredite nachgefragt werden und die Wirtschaft in Fahrt kommt.
  3. Verkaufen Banken Anleihen, müssen sie in Aktien investieren, was deren Kurs steigen lässt und Aktionären Vermögen beschert, das sie verkonsumieren und so die Wirtschaft in Fahrt bringen.
  4. Anleihekäufe benachteiligen Anlagen in Euro, so dass sein Kurs fällt, was in unserer Exportnation die Wirtschaft in Fahrt bringt

NATÜRLICH wird es nicht funktionieren! Wie treudoof muss man sein, wenn man den größten Finanzspielern (Banken und Aktionären) ohne Verpflichtung zur Gegenleistung viel Geld in den Schoß schüttet und dann erwartet, sie müssten dieses irgendwie altruistisch zur Rettung der Konjunktur verwenden?! Weder Banken noch Aktionäre haben (heute, leider) Interesse an aufwändigen Firmenanalysen und langdauernden Investitionen, auch wenn die eine echte Wertschöpfung erreichen. Wer Geld bekommt, das er nicht ausgeben MUSS, der spielt damit, anstatt den Konsum und damit die Realwirtschaft dadurch zu stärken.

Und deshalb - Überraschung! - funktioniert keiner der vier - möglichen, aber indirekten und nicht von allen geteilten - Hebel, über die Anleihenkäufe die Inflation heben könnte. Und selbst wenn: Einer Wirtschaft, die das Geld nicht braucht (sie ruft die Kredite ja nicht ab), der muss man es auch nicht hinterherwerfen.

Das interessiert Herrn Draghi aber nicht, solange den Banken nur das Geld anderer Leute in die Taschen fließt. Das ist der Zweck der Inflation. Deshalb bekommen auch die Banken das Geld aus den Anleihekäufen und nicht die Arbeitnehmer. Machen Sie sich keine Hoffnung. Es geht nicht um Ihre Interessen.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

Bezug herstellen   > Mir etwas anheimstellen (0 Kommentare)



Freitag, 20. März 2015

Ihr habt den Equal Pay Day - ich will den Equal Lifespan Day und den Equal Pension Span Day!

Heute ist ein gar fröhlicher Tag! Wir können uns nämlich geschlossen die Bäuche halten und ein paar Leute schallend auslachen.

Zum Beispiel über die Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg. Da versucht der Landtag den Schwaben einzutrichtern, Frauen müss[t]en in vergleichbaren Jobs fast drei Monate länger arbeiten, um rein rechnerisch genauso viel Geld verdient zu haben wie Männer. Denkste, Puppe! Die vermeintliche Lücke bezieht sich eben GERADE NICHT auf vergleichbare Jobs! Diese Falschinformation ist so gezielt, dass sie vorsätzlich sein muss.

Wer sich wirklich bilden will, geht lieber zur Primärquelle: dem statistischen Bundesamt. Das findet nämlich: Ja, nimmt man einfach alle Bruttoverdienste von Männern und Frauen in 2014 zusammen, so verdienten Männer mit 20,20 EUR pro Stunde mehr als Frauen mit 15,83 EUR. ABER: das hat seine Gründe. Die Differenz hat nämlich einen "erklärten" Teil, d.h. einen, der rational zu begründen und mathematisch zu bemessen ist, und einen "unerklärten". Wobei auch der unerklärte Teil nicht automatisch Frauendiskriminierung bedeutet, sondern lediglich, dass man die Faktoren, die ebenfalls rational sein können, nicht korrekt beobachten oder nicht mathematisch korrekt einbeziehen kann.

Lesen müssen Sie die Quelle schon selbst, aber ich habe Ihnen die Gründe für den GPG (Gender Pay Gap) hier mal zusammengefasst:

  1. Frauen arbeiten eher Teilzeit als Vollzeit1, ...
  2. Frauen lassen sich seltener hoch ausbilden als Männer2, ...
  3. Frauen wählen bei ihrer Ausbildung eher schlechtbezahlte Berufe und Branchen3, ...
  4. Frauen begrenzen sich auf eine enge Palette eher schlechtbezahlter Beschäftigungen4, ...
  5. , obwohl sie dadurch ihre Chancen beschneiden, beruflich aufzusteigen und damit mehr zu verdienen5.
    Und, nicht ganz ernstgemeint:
  1. Frauen bleiben lieber im Westen, wo der Gender Pay Gap 24% beträgt ...6, ...
  2. , obwohl er im Osten nur 6% beträgt.


Mit anderen Worten: sie wollen es so, und das mit gutem Grund! Wer Teilzeit arbeitet, hat mehr Freizeit7. Wer sich kürzer ausbilden lässt, muss nicht büffeln und verdient schon viel früher. Ein Bürojob hat ein geringeres Krankheits- und Verletzungsrisiko. Wer seinen Traumjob macht, muss sich nicht jeden Tag neu überwinden. Das sind alles Vorteile, aber eben immaterielle und nicht materielle. Welcher Neoliberalist hat es geschafft, den Frauen weiszumachen, dass nur die materiellen Vorteile zählen?

Obwohl - das stimmt nicht ganz, denn die Frauen, die diese Vorteile genießen, haben auch materiell etwas davon: Bei den heute 35jährigen haben Frauen eine viereinhalb Jahre höhere Lebenserwartung (Männer 78 Jahre, Frauen 83 Jahre). Männer werden also 11 Jahre Rente bekommen, Frauen dagegen 16 Jahre. Das ist ein Pension Span Gap von 31%!

Ich schlage vor, alle Rentner begehen künftig nach 251 Tagen im Jahr (9. September) den Equal Pension Span Day, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Männer da schon abkratzen, während die Frauen noch bis Jahresende Rente beziehen. Oder, wir begehen nach 49 Wochen (11. Dezember) den Equal Lifespan Day, an dem die heute 35jährigen Männer schon ins Gras gebissen haben, während ihre Frauen noch bis zum Jahresende leben.

Irgendwie ist mir nicht mehr nach Lachen zumute. Deshalb nochmal zurück zur Landeszentrale für politische Bildung.

Wer ein bisschen weiterliest als nur die Überschrift, erfährt plötzlich (und richtigerweise): Von den himmelschreienden 22% Lohnunterschied bleiben beim Vergleich vergleichbarer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nur (O-Ton) "eine Lohnkluft von 7 % bestehen. Das kann (muss aber nicht unbedingt) heißen, dass Frauen bewusst diskriminiert werden. Aspekte wie das individuelle Verhalten bei Lohnverhandlungen mögen ebenfalls relevant sein ..."

Noch ein Lacher! Schuld an den letzten 7% könnten auch eher "individuelles Verhalten" sein als eine strukturelle Diskriminierung durch die Gesellschaft. Nun, wer bitte hat das Recht, das "individuelle Verhalten" der Frauen zu kritisieren?

Aber wartet, einen habe ich noch. Wieder die Landeszentrale für politische Bildung, nochmal der Artikel über den Equal Pay Day, noch weiter unten, ein Zitat der Frauenrechtlerin Susan B. Anthony: „[Es] ist darauf zu bestehen, dass die Qualifikation, nicht das Geschlecht, über Einstellung und Gehalt entscheiden.“

Schallendes Gelächter! Im Ernst? In Zeiten, als gerade eine Frauenquote gesetzlich beschlossen wurde, wo also gerade Geschlecht über die Einstellung entscheidet und nicht die Qualifikation, maßt sich die Legislative an, eine Frauenrechtlerin zu zitieren, die genau das Entgegengesetzte forderte?


Fußnoten

1. Höheres Einkommen erzielt man bei beruflichem Aufstieg, beruflicher Aufstieg braucht Zeit und Vollzeitbeschäftigung. Allerdings galt für 2006 (ohne Beamte, Altersteilzeit, Auszubildende, Praktikanten): Von 100 Männern ab 35 Jahren arbeiten 91 in Vollzeit, aber von 100 Frauen über 35 Jahren arbeiten nur 54 in Vollzeit. 37 von 100 Frauen über 35 bringen sich also selbst um ihre Aufstiegschancen, weil sie nicht Vollzeit arbeiten. Ein Lacher auf diese 37%, die den Zusammenhang zwischen Einsatz und Gehalt nicht verstehen!
Und, bitte: Mit Kindererziehung hat das NICHTS zu tun. Wer mehr verdienen und daher Vollzeit arbeiten will, muss die Kinder entweder auslagern oder darf keine haben. Für beides stehen den Frauen alle Wege offen: Kinderbetreuungseinrichtungen oder ihr Ehepartner für die Kinder, Verhütung gegen die Kinder. Wenn Frauen diese Möglichkeiten nicht nutzen - also nicht dahin ziehen, wo es Kinderbetreuung gibt, oder sich nicht den Partner suchen, der ihre Lebensplanung teilt - dann ist das ihre Entscheidung. Selbst schuld. Im übrigen ist der Stundenlohn eines teilzeitbeschäftigten Mannes gegenüber dem eines vollzeitbeschäftigten um 21% geringer, bei Frauen nur um 8%: Frauen in Teilzeitbeschäftigung verdienen gegenüber Männern also deutlich besser.

2. Je besser gebildet, desto höher das Gehalt. 2006 haben von 100 männlichen Beschäftigten haben über 10 einen Uni-Abschluss, aber von 100 weiblichen weniger als 8. Studieren Frauen weniger, oder gehen die Studierten nicht arbeiten? In beiden Fällen: wer hindert sie? Sie selber. Ein Hinweis darauf sind die Beschäftigten, deren höchste Qualifikation die Hochschulreife ist, also das Abitur: von 100 arbeitenden Männern sind es über 6, von 100 arbeitenden Frauen dagegen fast 9. Sprich: viel weniger Frauen als Männer, die die HochschulREIFE haben, gehen dann auch tatsächlich auf eine Hochschule. Noch ein Lacher: Alle Chancen offen, aber nicht genutzt. Selbst schuld. Das wird nur noch abstruser, wenn man sich anschaut, wo die Akademikerinnen landen: 66 von 100 sind in der höchsten Leistungsgruppe gelandet; bei Männern nur 63 von 100 (alles 2006). Wie kann frau diesen Vorteil so leicht aus der Hand geben? Keine Ahnung. - Bei Frauen stagniert übrigens der Durchschnittsverdienst ab einem Alter von 30 Jahren, während er bei Männern noch ansteigt. Das darf man nicht so verstehen, als könnte eine heute Dreißigjährige ihr Einkommen nicht steigern, denn die Erhebung des Statistischen Bundesamts ist eine Bestandsaufnahme. Also: heute Dreißigjährige verdienen etwa soviel wie heute Vierzig- oder Fünfzigjährige. Diese Vierzig- oder Fünfzigjährigen sind jedoch überproportional häufiger schlechter gebildet oder arbeiten nicht in ihrem Ausbildungsberuf. Dafür kann man der Gesellschaft (oder den Frauen) vor 20 Jahren einen Vorwurf machen, aber nicht heute.

3. Höheren Verdienst gibt es mit höherer Wertschöpfung; verwaltende Tätigkeiten gehören da nicht dazu. Frauen sind jedoch überproportional im Büro, als Verkäuferin, als Reinigungskraft oder in sozialen Tätigkeiten anzutreffen. Lassen wir die Diskussion weg, ob diese Berufe nicht genauso notwendig sind wie andere - ja, sie sind es, aber die anderen sind es nicht weniger, und die gesellschaftliche Anerkennung ist eine gesellschaftliche oder politische Frage, nicht eine, die man mit seiner Berufswahl entscheidet. Wer mehr verdienen will, geht eben in die Berufe, wo mehr verdient wird, auch wenn das eine gewisse Offenheit für Ungewohntes verlangt. Das mögen Frauen weniger als Männer: während über die Hälfte der Frauen in den 8 meistgewählten Berufen der Frauen arbeiten, verbleiben nur 27% der Männer in den acht meistgewählten Berufen der Männer. Geistige Beweglichkeit zahlt sich aus - wenn man sie hat.

4. Höherer Verdienst hängt nicht nur mit der Beschäftigung, sondern auch dem Ausbildungszweig zusammen. Hier gilt: je höher die Frau ausgebildet ist, desto weniger verdient sie im Vergleich mit gleichgebildeten Männern. Nanu? Ja! Und das geht so (O-Ton des Statistischen Bundesamts:) "Der weit überdurchschnittlich hohe Gender Pay Gap bei dieser Arbeitnehmergruppe könnte auf eine ausgeprägt unterschiedliche Fächerwahl zwischen den Geschlechtergruppen zurückzuführen sein. Auswertungen der Studienabschlüsse an Fachhochschulen zeigen, dass der Männeranteil in mathematisch-technischen Fachrichtungen den der Frauen bei weitem übersteigt. Frauen hingegen sind häufiger in eher niedrig bezahlten Fächern wie etwa Sozialwesen oder Wirtschaftswissenschaften überrepräsentiert." Warum tun sie das? Wer weiß. Ein Lacher!

5. Wirtschaftlich denkende Arbeitgeber müssen auch noch den Krankenstand bedenken. Der Gesundheitsreport der Techniker-Krankenkasse (2014) führt z.B. für 2013 auf: Männer hatten einen Krankenstand von 3,68%, Frauen dagegen von 4,41%. Männer waren durchschnittlich 13,4 Tage arbeitsunfähig, Frauen dagegen 16,1 Tage. Das würde schon eine Gehaltsreduzierung für Frauen von 1,3% begründen.

6. 2006 hatte Baden-Württemberg einen Gender Pay Gap von 28,0% - Sachsen-Anhalt dagegen 2,9%. Aber das sieht besser aus, als es ist: Grund ist, dass Männer im Osten 45% weniger verdienen als Männer im Westen, während Frauen im Osten "nur" 17% weniger verdienen als Frauen im Westen. Wirklich angeschmiert sind also die Männer im Osten, nicht die Frauen im Westen.

7. 2006 hatten Frauen 127 Monatsstunden bezahlte Arbeit, Männer dagegen 157 Monatsstunden. Dazu kamen 17 bezahlte Überstunden bei Frauen, aber 20 bei Männern.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

Bezug herstellen   > Mir etwas anheimstellen (0 Kommentare)



Donnerstag, 30. Januar 2014

Gegen die Missachtung der Frau (wirklich jetzt!)

Als Aspie und als Informatiker, mit dem Bedürfnis nach strukturiertem Denken und konsistenten Vorstellungen, stolpere ich in unserer Welt nicht zu selten über amüsante Dinge.

Da ist zum Beispiel die alternativlose öffentliche Meinung, Frauen müssten endlich den Herd und die Kindererziehung verlassen und dieselben Erwerbsbiographien haben wie die Männer. Weil, sonst würden immer nur die Männer Karriere machen.

„Na und?” möchte ich schreien. Ist Karriere machen irgendwie besser ist als die Hausfrauenarbeit und das Kindererziehen? Die einzig messbare Steigerung ist das Bruttoinlandsprodukt, weil die Tätigkeit des Menschen, wenn er arbeitet, plötzlich messbar wird.

Und da liegt auch schon der Hund begraben. Offensichtlich halten die ganzen Meinungsmacher für „Frauen weg vom Herd” die Tätigkeit der Frau im Haushalt und bei der Kindererziehung für nichtswürdig, weil es dafür keinen Arbeitsvertrag gibt.

Denn: um Kinder und Haushalt muss sich ja trotzdem gekümmert werden, auch wenn es die Hausfrau nicht mehr tut, sondern eine Erzieherin und eine Haushälterin. Deren (bezahlte) Beschäftigung mit Kindern und Haushalt ist nun plötzlich wieder ganz in Ordnung. Warum? Weil dafür Geld fließt, von dem der Staat Steuern, die Versicherungen Beiträge und die Wirtschaft Werbungskosten abzweigen kann?

Ich finde, in dieser Sichtweise liegt eine absolut beleidigende Haltung gegenüber Hausfrauen verborgen. Als sei ihre Tätigkeit nichts wert. Merkwürdigerweise gilt es als Frauenpolitik, genau das laut zu sagen. Häh?

Im übrigen ist diese Merkwürdigkeit so gewollt. Beispiel: Bei einer Scheidung sind die (schon bisher bestehenden) Unterhaltspflichten nicht aufgehoben. Sprich: Eltern müssen ihre Kinder unterhalten - und wenn die nach der Scheidung bei der Ex-Ehefrau leben, dann leistet sie ihren Unterhalt als Sachleistung, und der Ex-Ehemann seinen als Geldleistung. Das klingt gerecht (auch wenn die Geldleistungen oft weit über dem liegen, was das Kind bis zur Scheidung je gesehen hat).

Doch zwischen Ehegatten? Unterstellen wir eine Gleichheit in der Ehe, dann sind beide quitt, selbst wenn nur der Ehemann verdient hat: Er hat seine Frau finanziell unterhalten, und sie hat durch Hausarbeit Sachunterhalt geleistet. Beides sollte sich in einer gleichberechtigten Ehe ausgleichen. Bei einer Scheidung heben sich ihre Ansprüche gegenseitig auf, und gut ist's.

Aber nein. Während der mehrverdienende Ehemann in der Tat Unterhalt zahlen muss, wird der früher geleistete Sachunterhalt der Ehefrau in Form von Hausarbeit offensichtlich für Nichts geachtet, denn sein Verlust wird dem geschiedenen Ehemann nicht ausgeglichen. Mit anderen Worten: man unterstellt der Ehefrau, die nicht arbeiten geht, zwar von den Geldleistungen ihres Mannes zu profitieren, gleichzeitig aber selbst keinen messbaren Beitrag zu leisten. Und solch eine Unterstellung lässt das feministische Selbstverständnis zu? Sehr befremdlich.

Aber meine Entrüstung ist nur gespielt. Wir leben in einer aufgeklärten Zeit, und niemand kämpft mehr für ein Prinzip. It's the economy, stupid, und sonst nichts. Wie angedeutet: Wenn Frauen im Familienhaushalt arbeiten, bleibt ihre Wertschöpfung unbemessen: kein Politiker kann sich mit ihrer Leistung brüsten, kein Unternehmen aus ihr Profit schlagen. Und die armen Feminist_innen glauben, sie kämpften für ihre eigenen Rechte, und lassen sich einen Einsatz, der nur der Familie dient statt dem Staat und dem Kapital, als Nachteil verkaufen.

Sehr amüsant. Wann werden sie das mitbekommen?

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

Bezug herstellen   > Mir etwas anheimstellen (0 Kommentare)



Montag, 27. Januar 2014

(Fast) 2 Jahre #aufschrei

Beim ersten Fall sexueller Belästigung, an den ich mich erinnern kann, war ich, männlich, 15 Jahre alt. Ich war im Schülerpraktikum in ein Büro geraten, in dem es nur Frauen gab. Eine von denen - Altersdifferenz: 20 Jahre - wurde zudringlich. Ich saß vor dem Bildschirm, sie lehnte sich vor und drückte mir ihre Brust an die Schulter. Wann immer sie mir was erklären wollte.

Wenn Sie zufällig weiblich sind, dann stellen Sie sich einfach vor, Sie säßen mit 15 im Matheunterricht und müssten jedesmal spüren, wie Ihr Lehrer seinen Penis an Ihren Arm drückt, wenn er neben Ihnen steht. Als Aspie habe ich schon so Probleme mit dem Berührtwerden, aber wenn mir die Berührung mit sekundären Geschlechtsteilen anderer Personen aufgezwungen wird, dann ist das sexuelle Belästigung.

Ich habe damals nichts gesagt. Ich war baff von der Frechheit - und was hätte ich auch sagen sollen? Sie hätte es als Zufall bezeichnen können oder mich beschuldigen, dass ich sie angerührt hätte, oder sich über meine pubertäre Phantasie lustig machen können ... nein, da gab es keine Möglichkeit, heil herauszukommen. Also: hinnehmen.

Und heute? Es hat sich nichts geändert. In allen Stationen meines beruflichen Lebens hat es immer mindestens eine Frau gegeben, die am Arbeitsplatz auf Tuchfühlung ging. Beliebteste Form: mir vor dem Bildschirm die Brüste an die Schulter drücken.

Ich könnte in diesem Fall wegrücken. Sie rücken nach. Sie machen es so offensichtlich, dass Kolleginnen sie tadeln: „Hör auf damit”. Keine Besserung. Ich empfinde das nicht nur als sexuelle Belästigung, sondern auch als intellektuelle Beleidigung. Ich bin Frauen gegenüber gewiss nicht unfreundlich, aber mein Interesse weckt man mit inneren Werten (am besten im Kopfinneren). Und wenn sie dieses Interesse dann nicht wecken können, bleibt den Frauen nichts anderes, als mich körperlich zu bedrängen in der Hoffnung, dass dann meine tierischen Instinkte anspringen oder was?

Immer, wenn wieder mal das #aufschrei-Tag bemüht wird, muss ich an die Belästigungen durch die unterbefriedigten Frauen in meinem Arbeitsumfeld denken. Leider war es kein Aufschrei einer sexuell Belästigten, sondern von einer Person, die den Intellekt anderer Leute beleidigt. „[...] wie er es findet, im fortgeschrittenen Alter zum Hoffnungsträger aufzusteigen” fragt die junge Frau, selbst keine 2 Jahre aus der Journalistenschule entlassen, den ehemaligen Wissenschaftler, Abgeordneten, vielfältigen Landes- und zuletzt auch Bundesminister, seit 40 Jahren in der Politik.

Eine intellektuelle Beleidigung ohne Gleichen. Eine ernstzunehmende Journalistin hätte nach Inhalten, Vorhaben, Zielen seiner Kandidatur gefragt - aber sie will irgendwelche Gefühle hören. Sie ignoriert seine Erfahrungen und Verdienste aus seiner beruflichen Laufbahn - seinem Leben - und thematisiert nur sein Rentenalter. Als er den Spieß umdreht - er spricht über ihr U30-Alter (die Frage nach Verdiensten hätte vermutlich peinlich werden können) - ist das für sie plötzlich „etwas anderes”. Und so deplatziert ihre Frage nach seinen Gefühlen, so ist es sein Kompliment über ihre Körperform. Sie interpretiert es sexuell und tut, was mich auch bei Frauen nicht mehr überrascht: sie achtet seine Selbstbestimmung nicht. Weder seine informationelle (das gesprochene Wort), noch seine - nach ihrer eigenen Interpretation - sexuelle (nämlich ein Kompliment nicht an die große Glocke gehängt zu wissen).

Sie haben in mir einen Fürsprecher für die Unantastbarkeit der Würde und der Körper aller Menschen, das können Sie mir glauben. Dafür stehe ich als Aspie. Und dazu gehört zu unterstreichen, dass man überhaupt nicht Frau sein muss, um seine körperliche und sexuelle Selbstbestimmung missachtet zu bekommen. Ein #aufstand wäre passend gewesen, kein #aufschrei. Aber dafür ist es jetzt 2 Jahre zu spät.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

Bezug herstellen   > Mir etwas anheimstellen (0 Kommentare)



Freitag, 10. Januar 2014

Das Ubat: Homosexualität im Fußball und das umgekehrte Tabu

Wussten Sie, dass der Fußballer X.Y. homosexuell ist? Wenn nicht, dann ist es Ihnen dieser Tage von allen Seiten entgegengeschallt. Er hat sich geoutet, und schon stehen alle Journalisten, Vereine und Interessenvertreter derart Kopf, dass ihnen das Lob unkontrolliert aus dem Mund fließt.

Nun fragt sich der Aspie: Warum bitte muss jemand dafür gelobt werden, dass er die Öffentlichkeit mit einer Banalität nervt, die zu seiner privaten Lebensführung gehört und beinahe niemanden außer ihm etwas angeht?

Genausogut hätte er hinausposaunen können, er habe bei der Bundestagswahl für die FDP gestimmt, sei ein Zeuge Jehovas geworden oder eben als Aspie geboren ... das sind auch alles Minderheiten. Aber wen würde sowas interessieren oder zu einer positiven Reaktion hinreißen? Niemanden. Eben. Aber Homosexualität? Klar, unbedingt, jeden.

Was passiert hier eigentlich mit den Normalos? Ich habe eine Theorie, für die ich das Wort Inverstabu (oder Ubat: Tabu umgekehrt) erfunden habe.

Aspies verstehen ja auch keine Tabus. Warum sollte über etwas, was existiert, nicht wertfrei oder meinetwegen auch wertend gesprochen werden? Also. Das Ubat (inverse Tabu) ist das Gegenteil: Etwas, worüber unbedingt wertend gesprochen werden muss, selbst wenn es zu banal ist, um es zu tun.

Das Verhalten der USA auf der politischen und militärischen Weltbühne zu benennen ist tabu - Amerika unsere Freunde und Mitglied unserer Wertegemeinschaft zu nennen ist ubat. Bei jedem Verdacht, jeder Anschuldigung, jedem üblen Mitspielen vonseiten der USA muss unbedingt gleich die Freundschaft und Wertegemeinschaft bejaht werden, ist Ihnen das aufgefallen? Ein klares Ubat.

Woher also das Ubat der Homosexualität? Dafür braucht es keine Verschwörungstheorie (die eh meist Unfug sind). Vielmehr ist es doch so, dass es eine Gruppe einflussreicher Menschen und Konzerne gibt, die ein Ziel eint, auch wenn sie sich sonst überhaupt nicht koordinieren: nämlich mehr Geld zu verdienen. Und die setzen jetzt überall mit vielen Nadelstichen an:

eine funktionierende Familie ist vielleicht makroökonomisch sinnvoll, aber für die einflussreichere Seite, nämlich die Anbieter von Waren und Dienstleistungen, ist sie ökonomisch eine Katastrophe. Starke Familien benötigen weniger institutionelle Kinderbetreuung, weniger Nachhilfelehrer, weniger Putzhilfen, keine aus Verzweiflung aufgenommenen Minijobs, weniger Kredite für Haushaltswaren, weniger Wohnungen, weniger Autos, weniger Anwälte, weniger institutionelle Altenbetreuung. Wie ich sagte: eine ökonomische Katastrophe!

Nun ist es aber schwer, die funktionierende Familie direkt aufzubrechen. Sagen Sie jemandem: "Lass dich doch scheiden!", "Schick doch deine Eltern ins Heim und die Kinder ins Internat!" usw., dann zeigt Ihnen jeder einen Vogel und verbittet sich die Einmischung in seine Angelegenheiten.

Und hier kommt die Homosexualität ins Spiel. Sie ist eine Minderheitserscheinung, daher wird die heterosexuelle Mehrheit - Hand aufs Herz! - diesen Lebensstil nicht positiv bewerten; vielleicht sogar abwertend betrachten (genau wie die FDP-Wähler oder die Zeugen Jehovas u.s.w.). Oder woher kommt dieses allgemeine Unwohlsein, wenn sich zwei Schwule einen Sohn adoptieren wollen? Da haben Sie's.

Und bei diesem Unwohlsein werden die Heterosexuellen jetzt gepackt. Eine innere, tief emotionale, beinahe physische Überzeugung, die mit den Grundfesten der Familie zu tun hat, wird so konstant unter Beschuss genommen, dass der Durchschnittsheterosexuelle sich gezwungen sieht, sich auch bei anderen Familienfragen nicht mehr auf seine Intuition zu verlassen. Peng! Und nun kann man ihm weismachen, dass man für sein Kind eher Weihnachtsmann statt Erzieher sein, die Altenpflege lieber einem renditesüchtigen Finanzunternehmen überlassen und die sinnvolle Arbeitsteilung in der Familie (eigentlich die Grundlage für Effizienz und Fortschritt) zugunsten einer nicht nachzuweisenden Gleichheit aufgeben soll.

Sie fühlen, dass das nicht richtig sein kann? Falsch gefühlt! Ist Ihnen bei der Homosexualität ja auch passiert! Lassen Sie die Gefühlsduselei fahren und kaufen Sie die Dienstleistungen der aufgegebenen Familie endlich auf dem Markt ein!

So gesehen prophezeie ich dem Ubat einen größeren ökonomischen Erfolg als dem Tabu. Das Ubat ist ein Imperativ, es zwingt zum Handeln, und Handeln ist produzieren oder konsumieren. Das Trittbrett, auf dem die ökonomischen Nutznießer des Ubats stehen, ist ihnen egal - dessen sollten sich die Outer bewusst sein und überlegen, ob Privates nicht doch besser privat bliebe.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

Bezug herstellen   > Mir etwas anheimstellen (0 Kommentare)



Donnerstag, 27. Juni 2013

5% Arschlöcher

In der Informatik gibt es verteilte Systeme, die funktionieren immer noch, wenn ein Drittel der Teilnehmer versuchen, das System zu sabotieren.

Das ist genial. Stellen Sie sich das im echten Leben vor: 33% aller Richter wären bestechlich, 33% aller Architekten bauten einsturzgefährdete Häuser, 33% aller Autofahrer würden sich nicht an die Verkehrsregeln halten ... also in Etwa Verhältnisse wie in Moldawien.

Aber nicht wie in Deutschland. Deshalb sagte ein Professor einmal, in Westeuropa sei ein gesellschaftliches System gut, wenn es 5% Arschlöcher ertragen könne. Dem stimme ich zu. So viele kenne ich persönlich.

Vielleicht wussten Sie aber nicht, dass unsere Gesellschaft 5% Arschlöcher vertragen kann, sondern glauben, dass man die alle ausrotten müsse. Alle Terroristen, zum Beispiel, oder alle Pädophile, oder den einen Irren, der auf Autobahnen um sich schoss.

Allerdings gibt es diese Bereinigung nicht umsonst. Dazu müssen alle Kfz-Kennzeichen auf allen Autobahnen gelesen, alle Aufenhaltsorte aller Handys erhoben, alle Telefonverbindungen und angesurften Internetadressen gespeichert werden.

In Deutschland starben 2010 jährlich schätzungsweise 1.500 Menschen am „Krankenhauskeim“ MRSA, 944 Personen starben durch Ärztefehler, 3.648 kamen im Straßenverkehr ums Leben. Das sind die „Arschlöcher“ an Todesfällen, aber sie liegen weit unter dem Promillebereich aller Krankenhausaufenthalte, Behandlungen und Verkehrsbewegungen, und daher können wir damit leben.

Aber mit den Terroristen, deren Anzahl ebenfalls nicht höher als im Promillebereich liegt (Todesfälle durch Terroristen in Deutschland, 2010: 0), mit denen können wir nicht leben? Um sie aufzuspüren, muss jeder unserer Wege, jeder unserer Kontakte, jeder ungewollt preisgegebene Aspekt meiner Lebensgeschichte aufgezeichnet und gespeichert werden?

Ja, sagen die Befürworter. Wenn ich nichts ungesetzliches täte, hatte ich nichts zu verbergen.

Mit Verlaub, das ist Schwachsinn. Drehen wir das Argument einfach um. Der Staat handelt doch stets gesetzlich oder? Also dürfte es über staatliches Handeln nichts zu verbergen geben? Denkste. Es wird verheimlicht, was geht - und notfalls mit der „Nationalen Sicherheit“ begründet. Jemand könnte die Information missbrauchen.

Genau dasselbe nehme auch ich für mich in Anspruch. Um meiner persönlichen Sicherheit willen möchte ich nicht, dass alles über mich aufgedeckt, geschweige denn dann auch noch gespeichert wird. Jemand könnte die Information missbrauchen.

Und das ist der zweite Punkt. Zwischen mir und den Schnüfflern gibt es ein drastisches Wissens- und Machtgefälle zu meinen Ungunsten. Ich kann keinem Geheimdienst Kinderpornos unterschieben, um ihn zu kompromittieren - wohl aber er mir. Keinem Gericht würde daran gelegen sein offenzulegen, dass mir ein Geheimdienst Unrecht getan hat, aber es kann mich sehr wohl für solche Vermutungen als paranoid in die Klapse sperren. Hätte ich vor einem Monat laut gesagt, die USA und Großbritannien läsen alle Internetverkehrsdaten mit - besonders die von Deutschen - hätte man mich als übelsten Verschwörungstheoretiker dargestellt. Jetzt kommt einer und beweist es - da wird abgestritten, dass die gesammelten Daten zu meinem Nachteil verwendet werden. Es müsste mir erst so was nachweisbar passieren, damit man mir es vielleicht glaubte.

Soweit darf es nicht kommen. Ein gesellschaftliches System, dass möglichst alle meine Daten sammelt und für möglichst lange speichert, ja diese Daten sogar nach Herzenslust fälschen, löschen oder erweitern kann, und gegen das ich mich weder schützen noch wehren kann - das ist kein System, das mit 5% Arschlöchern noch funktioniert. Nicht mal mit einem einzigen Arschloch kann es funktionieren, denn schon dieses kann unermesslichen Schaden anrichten.

Niemand von uns weiß, wer welche Daten über mich und Sie für wie lange erhebt, speichert, auswertet, fälscht, und zu unserem direkten oder indirekten Nachteil verwendet. Die jüngsten Vorkommnisse haben uns das verdeutlicht, und sie führen zu einer nicht genau definierbaren Angst vor den unbekannten Menschen, die zu einem unbekannten Zeitpunkt uns auf unbekannte Weise Böses antun wollen.

Das ist die Angst vor Terrorismus.

Und wer sind die Terroristen?

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

Bezug herstellen   > Mir etwas anheimstellen (0 Kommentare)



Mittwoch, 3. Oktober 2012

Der Islam ist beleidigt? Das Christentum erst recht.

Irgendwer hat einen Film auf englisch gedreht, wo dem Propheten des Islam ehrenrührig Falsches angedichtet wird (nehmen wir an). Das ist nicht fein und ganz sicher überflüssig. Dennoch ist es nichts im Vergleich zur Beleidigung des Christentums durch den Islam.

Für das Christentum ist Jesus nämlich der von Gott extra vom Himmel auf die Erde gesandte, einzig(artig)e, sündenlose Sohn Gottes (Johannes 1,14; 17,5; 1. Petrus 2,22), während die Muslime ihn als einfachen Menschen unter vielen darstellen, wenn auch als Propheten. Wenn das mal keine Degradierung ohnegleichen ist und eine Beleidigung nicht nur für Jesus sondern auch für Gott.

Für die Christen ist Jesus außerdem der einzige Weg zu Gott, zur Errettung und zur Auferstehung – folglich braucht es keinen anderen Propheten, egal was die Menschen aus dem Christentum machen (Johannes 11,25; 14,6). Der Islam spricht Jesus alle diese exklusiven Fähigkeiten komplett ab und überträgt sie auf Mohammed. Das ist eine noch größere Beleidigung Jesu, denn sie macht seinen Tod wertlos, durch den die Sünden der Menschen verziehen werden, und es ist noch eine größere Beleidigung Gottes, dem die Menschen vorhalten, der von ihm gesandte Jesus sei zur Rettung plötzlich nicht mehr ausreichend.

Nun ist es nicht so, dass den Christen diese wohlgemerkt institutionalisierte Beleidigung (im Gegensatz zu einem schwachsinnigen Film einiger Spinner) nicht aufgefallen wäre – noch dazu durch eine Religion, die Jesus ja nicht ins Reich der Mythen schickt, sondern sich im Koran aneignet und entwertet. Allerdings handelt es sich bei der Interpretation von Jesus ja wohl um ein theologisches Problem und kein praktisches.

Die Kreuzzüge, mit dem eher praktischen Ziel, Palästina vom Islam zu befreien, dürfte mit diesem Diskurs wenig zu tun gehabt haben. Wohl eher mit der Macht- und Bedeutungsgier einzelner Christen und Muslime, auf die auch schon seit langem der Mantel des Vergessens sinkt. Der Ausgang der Kreuzzüge und die aktuelle Situation in Palästina kann also nicht als Lösung des theologischen Problems herhalten: dass die Theologie des Islams an sich die ganze christliche Heilslehre inklusive Jesus und Gott beleidigen.

Und genau das ist der Punkt. Die Beleidigung eines Menschen, der schon lange tot ist und mit dem die meisten Muslime gar nichts zu tun haben als dass sie zu den von ihm oft militärisch unterworfenen Stämmen gehören, geht den Menschen eben näher als die Beleidigung einer Theologie, mit der nun wieder die meisten Christen nichts zu tun haben als dass sie in ihrem heiligen Buch steht, das die meisten von ihnen nie gelesen, geschweige denn verstanden haben.

Von daher kann ich den Aufschrei der Leute schon verstehen. Nur würde ich ihnen raten zu überlegen, ob sie nicht gerade für die politische Agenda derjenigen instrumentalisiert werden, die das Werk erst mal ins Arabische übersetzen und dafür das angebliche Teufelszeug erst mal selbst in den Mund nehmen mussten, um dann den Betroffenen zu spielen.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

Bezug herstellen   > Mir etwas anheimstellen (0 Kommentare)