„Das Geschäft mit Dildos wächst. Die Kritik daran nicht - obwohl Unternehmen Vibratoren in der Größe von Kinderpenissen herstellen. Doch was sind das für Frauen, die Dildos echten Männern vorziehen? Ein Schlafzimmerbesuch.“
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Sie finden diesen Text seltsam?
Ich auch.
Er steht aber so ähnlich in der FAZ vor der Bezahlschranke.
Denken Sie sich Ihren Teil.
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Der Westen Deutschlands hat zwei entscheidende Nachteile, was die Feinfühligkeit für politische Schieflagen angeht:
Natürlich hatte der Westen Angst vor den Kommunisten, schließlich stand die Sowjetunion 40 Jahre lang Gewehr bei Fuß vor der Ostgrenze der BRD, und die RAF rüttelte gehörig an den schon gefestigt geglaubten Grundlagen der westdeutschen Republik.
Trotzdem blieb es im Westen immer bei der Angst. Zur Erfahrung kam es nicht.
Welche irrationalen Auswirkungen das hat, sieht man bis heute an der Außenpolitik mit Russland, welches mit der Sowjetunion soviel gemein hat wie die Sowjetunion mit dem russischen Kaiserreich.
Angst lähmt: lähmt die wirtschaftliche und politische Handlungsbereitschaft, und beides kann man in den letzten 7 Jahren am lebenden Beispiel betrachten. Doch ich schweife ab.
Wobei ich mir nicht mal sicher bin, ob 75 Jahre da überhaupt ausreichen. Es werden wohl eher 87 Jahre sein.
Den Ossis dagegen sitzt einerseits der Sozialismus noch in den Knochen: sie wissen, was sie durch den Wechsel von Diktatur zur Demokratie gewonnen haben.
Sie wissen andererseits auch, dass es bei Übergängen auch Verluste gibt und auch die Demokratie nicht kostenlos zu haben ist.
Als Reaktion auf die vermurkste Ablösung der nationalsozialistischen Diktatur mit ihrem Ein-Parteien-System durch die realsozialistische Diktatur mit ihrem Einheitsfrontsystem haben sich die Thüringer 1993 eine Verfassung gegeben, die eine Wiederholung der Misstände der letzten 60 Jahre verhindern sollte.
So steht im Art. 59 Abs. 1: "Parlamentarische Opposition ist ein grundlegender Bestandteil der parlamentarischen Demokratie."
Nach mehr als 40 Jahren Sozialistischer Einheitspartei sollte nie wieder eine (sozialistische) Partei allein das Parlament beherrschen.
Denn auch der beste Politikentwurf überaltert und wird faul, wenn er nicht ständig von einem Kontrahenten zur Rechtfertigung gezwungen wird.
Frage: Welche Kontrahenten stellten sich die Thüringer nach 40 Jahren SED eigentlich vor? Sozialdemokraten? Konservative? Nationalisten?
Die Verfassung schweigt dazu weise, weil es nämlich völlig egal ist, welcher Strömung die Regierung und welcher die Opposition angehört. Die starke Stellung der Opposition würde nicht zu jedem Zeitpunkt, aber über die Zeitdauer gesehen im Mittel immer einen Ausgleich ermöglichen oder gar zu ihm beitragen.
Insbesondere wäre völlig klar, dass eine linke Regierung einer starken Mitte-rechts Opposition bedarf, eine Regierung der Mitte einer starken Opposition von den politischen Rändern, und eine rechte Regierung natürlich einer starken Mitte-links-Opposition.
Jeder kann sich jetzt selbst ausrechnen, was es bedeutet, wenn eine politische Strömung die Opposition oder Teile davon als überflüssig, gar gefährlich bezeichnet:
Oder anders ausgedrückt, "Opposition ist falsch und daher nicht nur überflüssig, sondern gefährlich, weil ja wir schon alles richtig machen."
Oder anders ausgedrückt, "Wenn wir schon nicht regieren können, dann müssen wir wenigstens die anderen hindern, politischen Einfluss zu nehmen".
Es fällt nun überhaupt nicht schwer, das Gebaren verschiedener Politiker unter die oberen beiden Strömungen zu subsumieren.
Die beide ausdrücklich verfassungswidrig sind.
Nun folgt ein Lieblingssatz von mir:
"Wer anfängt zu lügen, wird nie mehr damit fertig".
So muss die Vorsitzende der Linken in Thüringen, die eben noch die formal einwandfreie Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten aus der FDP mit (auch) den Stimmen der AfD als Skandal bezeichnet hat, verlautbaren, bei einer Wahl des Ministerpräsidenten aus ihrer eigenen Partei mit (auch) den Stimmen der AfD müssten diese Stimmen einfach egal sein. Wann sind sie es nun, wann nicht?
Oder so muss der Ostbeauftragte (ä-hem) wegen eines formalen Glückwunschs an einen demokratisch gewählten Ministerpräsidenten eines ostdeutschen Bundeslands (ä-hem) zurücktreten. Der Bundesaußenminister (immerhin), der aber völlig unnötigerweise eine wiederholte Glückwunschnote zum Jahrestag der islamischen Revolution (immerhin) im Iran formuliert und dann seinen Laden sowenig im Griff hat, dass er sie nicht mal mehr abfangen kann, als sich das politische Windchen dreht (als ob es das besser machte) - nicht.
Die Wessis mögen solche Spielchen lange genug mitgemacht haben, um davon die Demokratie nicht untergehen zu sehen.
Die Ossis dagegen haben ihr System, das Alternativen nicht zuließ, das ständig beim Heucheln erwischt wurde und das für alles mindestens zwei Maßstäbe hatte, gerade nach viel Hin und Her und unter Opfern wie Gewinnen abgeschüttelt.
Sie wollen das nicht nochmal.
Sie haben der Thüringer Regierung (egal, wer es werden würde) eine starke Opposition gewählt, damit das nicht noch mal passiert.
Was so ein Ossi wohl fühlt, wenn er liest, dass ein (anderer) Ministerpräsident nur kandidieren würde, wenn vorher klar wäre, dass ihn die Mehrheit wählt?
Es fühlt sich an, als ob die letzten 30 Jahre völlig für die Katze gewesen sind.
Als ob die Alternative, die zum Sozialismus zur Verfügung stand, sich als auch nicht besser als der Sozialismus erweist.
Ich mag an dieser Stelle nicht weiterdenken. Ich muss auch nicht. Aber andere sollten das sehr wohl tun.
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Liebe Thüringer!
Ihr lebt in einem wunderschönen Land. Glückwunsch.
Außerdem habt ihr - im Gegensatz zu den Deutschen im Allgemeinen - eine Verfassung, die die Stimmberechtigten des Volkes sogar mit absoluter Mehrheit angenommen haben.
Außerdem haltet Ihr Euch an Eure Verfassung.
Ihr seid eine Demokratie (Art. 44) und keine Diktatur und verwirklicht Euren Willen durch Wahlen (Art. 45) und nicht durch Faustrecht. Bravo!
Obwohl ihr ein wenig nachlässig wart. Eigentlich solltet ihr durch Parlament, Regierung und Rechtsprechung mittelbar handeln können (Art. 45).
Ihr habt euch aber in die Verfassung schreiben lassen, dass ihr nur das Parlament direkt wählen könnt (Art. 48).
Schon die Regierung könnt ihr nicht mal mittelbar wählen. Der Regierungs-Chef ist wählbar, aber das nur vom Parlament, und damit hat es sich dann auch schon (Art. 70).
Aber zurück zum Thema. Was passiert ist, ist schnell erzählt:
Ihr habt am 27. Oktober 2019 euren Landtag gewählt.
Der Landtag hat am 5. Februar 2020 im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit einen Ministerpräsidenten gewählt.
Der Ministerpräsident ist von der FDP.
Die Verfassung sagt überhaupt nichts weiter zur Herkunft des Ministerpräsidenten. Es ist völlig egal, wer das ist. Er muss nicht mal ins Parlament gewählt worden sein (und wäre es bei ordentlicher Gewaltenteilung auch nicht).
Hauptsache, die (im dritten Wahlgang einfache) Mehrheit der Abgeordneten stimmt für ihn.
Zum Mitschreiben: ... der Abgeordneten, sprich aller Abgeordneten.
Leider reißen jetzt viele Menschen den Mund auf, die sich um Eure Verfassung nicht kümmern, die bei euch gar nicht wahlberechtigt oder die einfach nur bockig sind.
Zählen wir auf:
Nein. Demokraten korrigieren keine Wahlen.
Nein. Demokraten verbieten niemandem das passive Wahlrecht, der es von Gesetz wegen hat.
Nein. Parteienkonsens ist kein demokratischer Wert.
Nein. Die Demokratie kennt eben gerade nur die Legitimation durch Wählerstimmen. Das Konzept "vergifteter" Stimmen gibt es nicht.
Nein. Thüringische Abgeordnete sind nur ihrem Gewissen unterworfen, ganz sicher nicht einer Bundespartei (Art. 53).
Nein. Die Verfassung enthält keine solche Einschränkung.
"Jeder Abgeordnete ist Vertreter aller Bürger des Landes" (Art. 53), sowohl der 23,4% der Wähler (oder 15,2% der Wahlberechtigten), die die AfD gewählt haben - aber auch aller anderen. Das Regierungshandeln der gewählten Regierung aus grundsätzlichen Erwägungen zu blockieren: das wird dem Verfassungsauftrag nicht gerecht.
Im Gegenteil. Eine Wahl ist die höchste demokratische Legitimation, die es gibt.
Egal. Der thüringische Landtag ist nicht von Gnaden der Liberalen im Europaparlament.
Nein. Der Landtag wählt in geheimer Wahl (Art. 70), damit eben solche Anschuldigungen ausbleiben. Im Übrigen haben Linke, Grüne und SPD zusammen 42 Stimmen, Bodo Ramelow bekam jedoch 44. Auch die zwei Stimmen könnten von der AfD gewesen sein. Wären es drei gewesen, wäre Ramelow - vielleicht mit den Stimmen der AfD - zum MP gewählt worden!
Nein. Er ist mit 50,5% gewählt worden.
Undemokratisch. Lächerlichmachen einer demokratischen Institution.
Zur kindischen Geste, jemandem Blumen vor die Füße fallen zu lassen, muss wohl nichts gesagt werden.
Ich kann ja zum Glück von Außen zugucken. Aber es ist schon seltsam, wie schnell die, die sich Demokraten nennen, einen Wahlausgang undemokratisch nennen, wenn er nicht ihren Vorstellungen entspricht. Und das ist dann wirklich undemokratisch.
Liebe Thüringer!
Ob jemand auf dem Boden der Verfassung steht, steht nicht in seinem Parteibuch, sondern ... in der Verfassung.
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