Freitag, 10. Januar 2014

Das Ubat: Homosexualität im Fußball und das umgekehrte Tabu

Wussten Sie, dass der Fußballer X.Y. homosexuell ist? Wenn nicht, dann ist es Ihnen dieser Tage von allen Seiten entgegengeschallt. Er hat sich geoutet, und schon stehen alle Journalisten, Vereine und Interessenvertreter derart Kopf, dass ihnen das Lob unkontrolliert aus dem Mund fließt.

Nun fragt sich der Aspie: Warum bitte muss jemand dafür gelobt werden, dass er die Öffentlichkeit mit einer Banalität nervt, die zu seiner privaten Lebensführung gehört und beinahe niemanden außer ihm etwas angeht?

Genausogut hätte er hinausposaunen können, er habe bei der Bundestagswahl für die FDP gestimmt, sei ein Zeuge Jehovas geworden oder eben als Aspie geboren ... das sind auch alles Minderheiten. Aber wen würde sowas interessieren oder zu einer positiven Reaktion hinreißen? Niemanden. Eben. Aber Homosexualität? Klar, unbedingt, jeden.

Was passiert hier eigentlich mit den Normalos? Ich habe eine Theorie, für die ich das Wort Inverstabu (oder Ubat: Tabu umgekehrt) erfunden habe.

Aspies verstehen ja auch keine Tabus. Warum sollte über etwas, was existiert, nicht wertfrei oder meinetwegen auch wertend gesprochen werden? Also. Das Ubat (inverse Tabu) ist das Gegenteil: Etwas, worüber unbedingt wertend gesprochen werden muss, selbst wenn es zu banal ist, um es zu tun.

Das Verhalten der USA auf der politischen und militärischen Weltbühne zu benennen ist tabu - Amerika unsere Freunde und Mitglied unserer Wertegemeinschaft zu nennen ist ubat. Bei jedem Verdacht, jeder Anschuldigung, jedem üblen Mitspielen vonseiten der USA muss unbedingt gleich die Freundschaft und Wertegemeinschaft bejaht werden, ist Ihnen das aufgefallen? Ein klares Ubat.

Woher also das Ubat der Homosexualität? Dafür braucht es keine Verschwörungstheorie (die eh meist Unfug sind). Vielmehr ist es doch so, dass es eine Gruppe einflussreicher Menschen und Konzerne gibt, die ein Ziel eint, auch wenn sie sich sonst überhaupt nicht koordinieren: nämlich mehr Geld zu verdienen. Und die setzen jetzt überall mit vielen Nadelstichen an:

eine funktionierende Familie ist vielleicht makroökonomisch sinnvoll, aber für die einflussreichere Seite, nämlich die Anbieter von Waren und Dienstleistungen, ist sie ökonomisch eine Katastrophe. Starke Familien benötigen weniger institutionelle Kinderbetreuung, weniger Nachhilfelehrer, weniger Putzhilfen, keine aus Verzweiflung aufgenommenen Minijobs, weniger Kredite für Haushaltswaren, weniger Wohnungen, weniger Autos, weniger Anwälte, weniger institutionelle Altenbetreuung. Wie ich sagte: eine ökonomische Katastrophe!

Nun ist es aber schwer, die funktionierende Familie direkt aufzubrechen. Sagen Sie jemandem: "Lass dich doch scheiden!", "Schick doch deine Eltern ins Heim und die Kinder ins Internat!" usw., dann zeigt Ihnen jeder einen Vogel und verbittet sich die Einmischung in seine Angelegenheiten.

Und hier kommt die Homosexualität ins Spiel. Sie ist eine Minderheitserscheinung, daher wird die heterosexuelle Mehrheit - Hand aufs Herz! - diesen Lebensstil nicht positiv bewerten; vielleicht sogar abwertend betrachten (genau wie die FDP-Wähler oder die Zeugen Jehovas u.s.w.). Oder woher kommt dieses allgemeine Unwohlsein, wenn sich zwei Schwule einen Sohn adoptieren wollen? Da haben Sie's.

Und bei diesem Unwohlsein werden die Heterosexuellen jetzt gepackt. Eine innere, tief emotionale, beinahe physische Überzeugung, die mit den Grundfesten der Familie zu tun hat, wird so konstant unter Beschuss genommen, dass der Durchschnittsheterosexuelle sich gezwungen sieht, sich auch bei anderen Familienfragen nicht mehr auf seine Intuition zu verlassen. Peng! Und nun kann man ihm weismachen, dass man für sein Kind eher Weihnachtsmann statt Erzieher sein, die Altenpflege lieber einem renditesüchtigen Finanzunternehmen überlassen und die sinnvolle Arbeitsteilung in der Familie (eigentlich die Grundlage für Effizienz und Fortschritt) zugunsten einer nicht nachzuweisenden Gleichheit aufgeben soll.

Sie fühlen, dass das nicht richtig sein kann? Falsch gefühlt! Ist Ihnen bei der Homosexualität ja auch passiert! Lassen Sie die Gefühlsduselei fahren und kaufen Sie die Dienstleistungen der aufgegebenen Familie endlich auf dem Markt ein!

So gesehen prophezeie ich dem Ubat einen größeren ökonomischen Erfolg als dem Tabu. Das Ubat ist ein Imperativ, es zwingt zum Handeln, und Handeln ist produzieren oder konsumieren. Das Trittbrett, auf dem die ökonomischen Nutznießer des Ubats stehen, ist ihnen egal - dessen sollten sich die Outer bewusst sein und überlegen, ob Privates nicht doch besser privat bliebe.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

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Dienstag, 3. Dezember 2013

Ehe: Nein. Kinder: Nein. Darum.

in der Informatikbranche mit ein paar Hochschulabschlüssen geht es mir finanziell nicht schlecht. Ich verdiene weniger als ich könnte, weil ich mir die Nerven schonen möchte und ein Mehr an Selbstverwirklichung im Job nicht brauche. Dafür gehe ich nach 40 Stunden fröhlich pfeifend nach Hause und gebe im Übrigen mein Geld in meiner Freizeit nach Gusto aus.

und kinderlos bin, lebt damit auch der Staat ganz gut: Von dem Geld, das mein Arbeitgeber für mein Gehalt aufwendet, geht mehr als die Hälfte in Steuern und Versicherungen – dreieinhalb Tausend Euro jeden Monat. Aber das juckt mich nicht: für mich bleibt noch genug übrig.

überproportional die Kosten anderer Familien in Deutschland mit. Meine Beiträge zur Krankenversicherung versichern nicht nur mein Krankheitsrisiko, sondern auch noch das von jemandes Ehepartnern und Kindern, die kostenlos mitversichert werden. Meine Beiträge zur Rentenversicherung sichern nicht nur meine Altersvorsorge, sondern auch die von jemandes Ehepartner, der zur Kinderbetreuung daheimgeblieben ist. Meine Steuern bezahlen das Kindergeld für anderer Leute Kinder, ihre Kindergärten, Schulen und Universitäten.

auf die Idee kommen, zu heiraten und Kinder zu zeugen, um zur begünstigten Seite der arbeitenden Bevölkerung zu kommen. Stellen wir uns also vor, ich hätte vor 6 Jahren doch diese nette frisch ausgelernte Steuerfachgehilfin geehelicht und vor vier und zwei Jahren noch je ein Kind gezeugt. Das gäbe auf den Schlag einen Steuervorteil von über 500 Euro plus 364 Euro Kindergeld. Natürlich sind die größeren Kosten für Wohnung, Ernährung, Hygiene, Bildung etc. dadurch auf den ersten Blick bei weitem nicht abgedeckt. Rechnet man die geldwerten Vorteile (3 kostenlos krankenversicherte Personen, eine kostenlos rentenversicherte Person, Kindergartensubvention usw.) dazu, sieht die Bilanz schon anders aus.

Also nichts wie los, heiraten und Kinder kriegen?

die Wahrscheinlichkeit einer Scheidung, ehe das jüngste Kind 27 Jahre alt wird, immerhin über 23%. Versetzen wir uns also in die Lage meiner Frau, die als gewesene Steuerfachgehilfin ja auch rechnen kann. Durch die zwei Kinder haben wir ein monatliches Einkommen von 3.800 Euro, von denen ein Tausender auf die Wohnung draufgeht (ich wohne leider in einer sehr teuren Stadt). Ein weiterer Tausender geht in die Sparpläne, die wir seit Eheschließung führen und in 4 Jahren zum Eigenheimkauf führen sollten. Bleiben tausendachthundert für die Lebensführung aller vier Personen: zwei Autos, Versicherungen, Kleidung, Essen, Kinderbespaßung, Urlaub, Kultur und so weiter. Nicht üppig, aber ausreichend.

meine Frau jetzt von mir trennen, erhielte sie Unterhalt: für jedes Kind 381 Euro plus die Hälfte vom Kindergeld, also 964 Euro. Dann der Trennungsunterhalt, die Hälfte des bisher zur Verfügung stehenden Haushaltsnettos von 3800 Euro, also 1900 Euro. Insgesamt also 2864 Euro. Fällt was auf? Das ist mehr als die Summe, die bisher (nach Abzug des Sparplans) der ganzen Familie von vier Personen verblieb. Nach der Trennung hätte sie also dasselbe Geld zur Verfügung, müsste davon allerdings eine Person und ein Auto weniger unterhalten (nämlich mich und meins), und sie muss mir obendrein meine dreckigen Socken nicht mehr waschen. Bei der Scheidung gibt’s dann noch als Sahnehäubchen die Hälfte des sozusagen „gemeinsam“ angesammelten Vermögens dazu: 36.000 Euro plus Zinsen. Und später noch die Hälfte meiner Rentenpunkte und Altersvorsorge.

Wenn sie das nicht davon überzeugt, sich schleunigst von mir trennen zu müssen, dann weiß ich auch nicht.

als Geschiedener selbst – wie ein Lediger – wieder nur 3000 Euro netto verdienen würde, von denen ich fast alles an Unterhalt abzudrücken hätte, ist den Gerichten übrigens egal: in meinem Job gibt es ungleich stressigere Stellen, die allerdings auch meine 1050 Euro Selbstbehalt zusätzlich abwerfen würden. Eine solche Stelle kann man mir fiktiv unterstellen; ansonsten kann man mich für den aus Mangel nicht geleisteten Unterhalt auch ins Gefängnis werfen lassen.

Und das alles mit einer Wahrscheinlichkeit von 23%?!

Ich kann auch rechnen. Ohne Ehefrau und Kinder habe ich mein eigenes Haus in 20 Jahren zu 100% abbezahlt und auch zwischendurch nicht als Asket gelebt. Und dabei habe ich mich noch nicht mal aus der sozialen Verantwortung gestohlen, sondern nebenbei noch dem einen Kind das Kindergeld und der anderen Frau ihre Krankenversorgung und Rente mitbezahlt.

jetzt erzählt, das könne man so nicht sehen, da seien ja noch die Annehmlichkeiten und Freuden des Ehe- und Familienlebens: natürlich gibt es die.

Aber die haben ja nicht per se einen höheren Wert als die Freuden und Annehmlichkeiten des Singledaseins: Himmlische Ruhe abends nach dem Arbeitstag zu Hause. Keine Nörgeleien und Streitereien wegen verschiedener Ansichten. Kein Bangen um Gesundheit und Wohlergehen von Frau und Kindern. Keine vier Schwiegereltern, die mit Aufmerksamkeit zu bedenken und in absehbarer Zeit auch zu pflegen sind. Die Freiheit, jederzeit Arbeitsort, Wohnort und Lebensstil zu wechseln. Die Freiheit, Risiken einzugehen, weil man nicht die Last der Verantwortung fühlt, für andere sorgen zu müssen. Hifi-Anlage statt Ehering. Sportwagen statt Familien-Van. Konzerte statt PMS. Restaurants statt Kinderkacke.

so leichte Entscheidung gehabt. Und es ist gar nicht so schwer, dabei zu bleiben: ich bin ja das lebende Beispiel dafür.

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Donnerstag, 27. Juni 2013

5% Arschlöcher

In der Informatik gibt es verteilte Systeme, die funktionieren immer noch, wenn ein Drittel der Teilnehmer versuchen, das System zu sabotieren.

Das ist genial. Stellen Sie sich das im echten Leben vor: 33% aller Richter wären bestechlich, 33% aller Architekten bauten einsturzgefährdete Häuser, 33% aller Autofahrer würden sich nicht an die Verkehrsregeln halten ... also in Etwa Verhältnisse wie in Moldawien.

Aber nicht wie in Deutschland. Deshalb sagte ein Professor einmal, in Westeuropa sei ein gesellschaftliches System gut, wenn es 5% Arschlöcher ertragen könne. Dem stimme ich zu. So viele kenne ich persönlich.

Vielleicht wussten Sie aber nicht, dass unsere Gesellschaft 5% Arschlöcher vertragen kann, sondern glauben, dass man die alle ausrotten müsse. Alle Terroristen, zum Beispiel, oder alle Pädophile, oder den einen Irren, der auf Autobahnen um sich schoss.

Allerdings gibt es diese Bereinigung nicht umsonst. Dazu müssen alle Kfz-Kennzeichen auf allen Autobahnen gelesen, alle Aufenhaltsorte aller Handys erhoben, alle Telefonverbindungen und angesurften Internetadressen gespeichert werden.

In Deutschland starben 2010 jährlich schätzungsweise 1.500 Menschen am „Krankenhauskeim“ MRSA, 944 Personen starben durch Ärztefehler, 3.648 kamen im Straßenverkehr ums Leben. Das sind die „Arschlöcher“ an Todesfällen, aber sie liegen weit unter dem Promillebereich aller Krankenhausaufenthalte, Behandlungen und Verkehrsbewegungen, und daher können wir damit leben.

Aber mit den Terroristen, deren Anzahl ebenfalls nicht höher als im Promillebereich liegt (Todesfälle durch Terroristen in Deutschland, 2010: 0), mit denen können wir nicht leben? Um sie aufzuspüren, muss jeder unserer Wege, jeder unserer Kontakte, jeder ungewollt preisgegebene Aspekt meiner Lebensgeschichte aufgezeichnet und gespeichert werden?

Ja, sagen die Befürworter. Wenn ich nichts ungesetzliches täte, hatte ich nichts zu verbergen.

Mit Verlaub, das ist Schwachsinn. Drehen wir das Argument einfach um. Der Staat handelt doch stets gesetzlich oder? Also dürfte es über staatliches Handeln nichts zu verbergen geben? Denkste. Es wird verheimlicht, was geht - und notfalls mit der „Nationalen Sicherheit“ begründet. Jemand könnte die Information missbrauchen.

Genau dasselbe nehme auch ich für mich in Anspruch. Um meiner persönlichen Sicherheit willen möchte ich nicht, dass alles über mich aufgedeckt, geschweige denn dann auch noch gespeichert wird. Jemand könnte die Information missbrauchen.

Und das ist der zweite Punkt. Zwischen mir und den Schnüfflern gibt es ein drastisches Wissens- und Machtgefälle zu meinen Ungunsten. Ich kann keinem Geheimdienst Kinderpornos unterschieben, um ihn zu kompromittieren - wohl aber er mir. Keinem Gericht würde daran gelegen sein offenzulegen, dass mir ein Geheimdienst Unrecht getan hat, aber es kann mich sehr wohl für solche Vermutungen als paranoid in die Klapse sperren. Hätte ich vor einem Monat laut gesagt, die USA und Großbritannien läsen alle Internetverkehrsdaten mit - besonders die von Deutschen - hätte man mich als übelsten Verschwörungstheoretiker dargestellt. Jetzt kommt einer und beweist es - da wird abgestritten, dass die gesammelten Daten zu meinem Nachteil verwendet werden. Es müsste mir erst so was nachweisbar passieren, damit man mir es vielleicht glaubte.

Soweit darf es nicht kommen. Ein gesellschaftliches System, dass möglichst alle meine Daten sammelt und für möglichst lange speichert, ja diese Daten sogar nach Herzenslust fälschen, löschen oder erweitern kann, und gegen das ich mich weder schützen noch wehren kann - das ist kein System, das mit 5% Arschlöchern noch funktioniert. Nicht mal mit einem einzigen Arschloch kann es funktionieren, denn schon dieses kann unermesslichen Schaden anrichten.

Niemand von uns weiß, wer welche Daten über mich und Sie für wie lange erhebt, speichert, auswertet, fälscht, und zu unserem direkten oder indirekten Nachteil verwendet. Die jüngsten Vorkommnisse haben uns das verdeutlicht, und sie führen zu einer nicht genau definierbaren Angst vor den unbekannten Menschen, die zu einem unbekannten Zeitpunkt uns auf unbekannte Weise Böses antun wollen.

Das ist die Angst vor Terrorismus.

Und wer sind die Terroristen?

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