Die Evolution habe uns mit einem Kiefer ausgestattet, der nur durch Beanspruchung wächst. Als Steinzeitmenschen haben wir auf Graswurzeln und zähem Fleisch rumgekaut, starke Kiefer bekommen und damit genügend Platz für alle 32 Zähne.
Unsere Pommes und Burger sind dagegen Flüssignahrung; der Kiefer bleibt klein, und die Zähne wachsen schief. Fazit: die Gesellschaft entwickelt sich zu schnell für die arme Evolution, die nicht hinterherkommt.
Ich bin Informatiker und arbeite in der Forschung. Würde ich so arbeiten wie wer-auch-immer-sich-das-ausgedacht-hat, dann beziehe ich in einem halben Jahr Hartz IV. Klar, auch wir arbeiten mit Hypothesen ("Ansatz" in der Mathematik), aber sobald sie nicht mehr überzeugt, gehen wir ihr entweder auf den Grund oder lassen die Finger davon. Eine zweifelhafte These als Grundlage für eine neue Theorie zu verwenden macht mich zum Gespött unter Kollegen.
Okay, den Fauxpas "die Evolution hat ... gemacht" lassen wir mal gelten; es war eine populärwisschenschaftliche Sendung, da kann man darüber hinwegsehen, dass dem abstrakten Lehrbegriff "Evolution" eine Kraft zur Wirkung gegeben wird. Hat sie nicht.
Evolution ist so klug, nur Angepasste lange leben und zur Fortpflanzung zuzulassen, und gleichzeitig so dumm, sie noch länger leben zu lassen, sodass die Fortpflanzung stattfindet, ehe unsere Alterskrankheiten auftreten, deren Ausbreitung sie eigentlich verhindern sollte.
Evolution ist so klug, dem Hai eine strömungstechnisch wundervolle Schuppenstruktur zu geben, und gleichzeitig so dumm, diesen Aufwand zu betreiben, weil all die anderen Fische auch ohne diese Struktur prächtig gedeihen.
Evolution ist so klug, die weniger Angepassten auszurotten, und dann so dumm, durch die Erfindung der Photosynthese auch die besonders gut (an die anaerobe Umgebung) Angepassten auszurotten.
Evolution ist so klug, den Menschen mit aufrechtem Gang, Sprache, großem Gehirn und Laptop hervorzubringen, und so dumm, ihm ein Bewusstsein zu geben, mit dem er seine Umgebung so gestalten kann (Pommes!), dass die Mechanismen der Evolution versagen. Übrigens zeigt unsere zivilatorische Leistung, das Überleben von Minderheiten und Behinderten unter hohem Ressourcenaufwand zu sichern, anstatt nur die Besten überleben zu lassen, dass wir von den Ansätzen der Evolution nicht wirklich überzeugt sind.
Unbequemerweise steht der Spielstand "Gott : Evolution" sehr oft unentschieden. Wem es z.B. zu flach ist, einfach Gott vorauszusetzen, und kontern möchte: "Und wo kommt der her?", dem sei gesagt, dass für die Evolution dasselbe gilt. Da kamen der Übergang von unbelebter zu belebter Natur, nichtatmenden zu atmenden, nichtsexuell fortpflanzenden zu sexuell fortpflanzenden, bewusstseinslosen zu bewussten Lebenwesen auch ohne Vorwarnung und aus dem Nichts. Genau wie Gott. Unentschieden.
Und wenn ich ehrlich bin und mir die Technik, Mathematik, Vielfalt, Selbstheilungskraft und übermütige Farben- und Formfroheit des Existierenden ansehe, möchte ich wirklich dazu tendieren, einen Intellekt zu erkennen, der sich im Spaß an seinen eigenen Fähigkeiten auslässt, und nicht eine verbissene Evolution, deren Glück sich in der Fortpflanzung eschöpft und alles weniger Effiziente zerstört.
Aber dass kommt vielleicht nur von der Forschung, in der ich arbeite.
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Ich bin kein Dresdner.
Ich war nicht dabei.
Ich bin kein Geschichtswissenschaftler.
Das einzige, was ich zum Bombenangriff auf Dresden habe, sind zwei Erzählungen.
Die beiden Erzählungen sind über meine Oma. Sie sind kurz.
Auf Dresden fielen in zwei Tagen 800.000 Bomben, alle mit dem Ziel, zu zerstören und zu töten. Sie zerstörten für Kriegszwecke arbeitende Fabriken. Sie zerstörten Straßen und Geleise, die früher einmal Soldaten und Material in den Osten, jetzt aber Verletzte, Flüchtlinge und ihre letzte Habe aus dem Osten transportierten. Sie zerstörten Gebäude und Kunstschätze von unschätzbarem Wert. Sie töteten Flüchtlinge: Frauen, Kinder. Wie viele? Ich weiß es nicht. Aber mein Vater saß in einem Flüchtlingszug, der auch bombardiert wurde und entgleiste. Die Frau neben ihm war tot.
So fern und so nah ist mir der Tod von damals.
Der Wikipedia-Artikel zu diesem Ereignis macht mich wütend. Unter "Folgen für die Bevölkerung" lese ich: Ein Absatz von Menschen, die in unversehrte Stadtteile fliehen konnten, viele Erstickte, aber 1000 Überlebende in einer Kirche, auseinandergerissene Familien, traumatisierte Menschen. Zwei Absätze über die Versorgung der Bevölkerung in den folgenden Monaten. Drei Absätze über 70 im Chaos geflohene und damit gerettete Juden.
Heute führen die damaligen Befreier zwei Angriffskriege, und niemand kommt auf die Idee, von ihrem Volk die Liquidierung ihrer Elite zu fordern. Wieder stehen die Kriegführer im Mittelpunkt. Wieder zählen wir die gefallenen Bomben. Wieder reden wir nicht von den Opfern. Wie im Februar 1945 kennen wir die Zahl der gefallenen Bomben, aber nicht die der gefallenen Menschen. Wir wissen nichts über ihre Umstände, ihre Träume, ihr bisschen Leben, das sie sich retten wollen, und die zerstörten Werte, die sie sich einmal geschaffen haben.
Ja. Krieg demoralisiert. Nicht seine Opfer, sondern seine Führer - und seine Zaungäste auch, wenn sie sich nicht in Acht nehmen.
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Rechnen Sie mal: 26 minus 7.
Leicht? Ja. Ich muss gar nicht rechnen, ich weiß das Ergebnis einfach durchs Hingucken.
Der Lehrer meinte nur süffisant, ob der Vater die Probleme seiner Tochter erst jetzt in der vierten Klasse bemerke.
wirklich fehlt
Wir knien im Wohnzimmer vor dem Couchtisch. Kinderzimmer? Geht nicht, da sitzt gerade Mama mit der kleinen Schwester, die sich im Dunkeln fürchtet und einschlafen soll. Im Wohnzimmer aber fläzt außerdem noch die spätpubertäre große Schwester (ohne Abschluss aus der Schule), zieht sich einen Schießereifilm rein und glotzt mich manchmal mit großen Augen an, während ich für die Dreizehnjährige die Prozentrechnung filetiere. Der Vater ist nicht da. Es ist schon nach 10 Uhr abends. Vorher war keine Zeit.
Eigentlich ist mir zum Heulen.
Um so mehr sind die Eltern gefordert. Wenn die Schule keine konzentrierte, konsequente Lernatmosphäre schaffen kann, dann muss diese wenigstens zu Hause herrschen. Ungeordnete Blätter am Couchtisch, Fernsehen nebenbei, abwesende Eltern, ein ungeregelter Tagesablauf und fehlender Schlaf sind das Kontrastprogramm.
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