Sonntag, 25. Dezember 2016

Verdächtigen Sie mich nicht general!

Es ist etwas spät, aber nicht zu spät.

Nach dem Terroranschlag in Berlin kam es, wozu es natürlich kommen musste: zu Generalverdachten, und zu Warnungen vor Generalverdachten.

Dabei ist das eine so dämlich wie das andere.

Denn wenn sich ein Mensch hinstellt und sagt: "Ein Generalverdacht ist jetzt völlig fehl am Platz", ohne den Adressaten dieser Aussage zu nennen, dann tut er genau was?

Richtig, er stellt alle Menschen unter den Generalverdacht, andere unter Generalverdacht zu stellen.

Also auch mich. Dagegen wehre ich mich entschieden.

Nehmen Sie, als Beispiel, den Artikel von Dunja Ramadan. Sie schreibt, dass sie es satt hat, als Muslimin unter Generalverdacht zu stehen, und schreibt:

Wie können Menschen ernsthaft über die Flüchtlinge oder die Muslime sprechen?

Merken Sie was? Okay, ich füge ein einziges Wort hinzu:

Wie können die Menschen ernsthaft über die Flüchtlinge oder die Muslime sprechen?

Sich über den Generalverdacht beschweren, und im selben Satz alle Menschen unter den Generalverdacht stellen, eben jenes zu tun. Hybris oder keine Logikvorlesung im Studium gehabt?

Kleiner Tipp: Wenn man sich über etwas ereifert, hilft es immer, sich zu überlegen, womit die Gegenseite ihren Standpunkt begründet. Dann kommen solche Fauxpas seltener vor.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

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Donnerstag, 15. Dezember 2016

Fake News mit Fake News austreiben

Gestern im SWR2-Journal am Morgen: Kai Laufen behauptet, "Digitale Verleumdungskampagnen befördern den Sexismus in der Gesellschaft" (hier für die Nachwelt).

Das ist zumindest seine Schlussfolgerung aus der These, immer mehr Frauen würden Opfer von Fake-News.

Als Beispiele führt er an, irgendwer im WWW habe was Falsches über Renate Künast geschrieben. Irgendwer habe im WWW was Falsches über Maria L. geschrieben - das Mädchen, das kürzlich in Freiburg zu Tode kam. Und irgendwer habe im WWW Falsches über Hillary Clinton geschrieben. Da in allen Beispielen Frauen die Opfer seien, sei der "allgemeine Sexismus in unserer Gesellschaft" auch Schuld an diesen Fake-News.

Jeder Informatiker hört im ersten Semester Logik den Satz: Ex falso quodlibet, also, mit einer falschen Prämisse kann man Beliebiges belegen.

Die Prämisse des "allgemeinen Sexismus" zum Beispiel. Abseits von Medien und Volksempfinden bleibt zu konstatieren, dass es nie in der Geschichte faktisch wie rechtlich so wenig Sexismus (gegen Frauen) gegeben hat wie heutzutage.

Nur zwei Beispiele von vielen, in denen Sexismus gegen Männer kürzlich gesetzlich verankert wurde:

  1. Das Bundesgleichstellungsgesetz schreibt vor, bei Bewerbungsgesprächen auf freie Stellen mindestens so viele Männer wie Frauen eingeladen werden, und bevorzugt einzustellen sind, wenn Frauen im Zielbereich unterrepräsentiert sind - egal wieso. Falls Männer unterrepräsentiert sind, dann gilt das (seit 2015) nur, wenn sie es aufgrund "struktureller Benachteiligung" sind, also praktisch nie. (Ach, und darüber wacht eine unbedingt weibliche Gleichstellungsbeauftragte, bei deren Wahl Männer nicht wahlberechtigt sind.)
  2. Der Unisex-Tarif für Altervorsorge in Gesetzlicher Rentenversicherung wie auch bei Lebensversicherungen benachteiligt (seit 2012) Männer, da Frauen Rente länger in Anspruch nehmen als Männer. Weil meine Alterskohortin heute noch 47 Jahre Leben vor sich hat, ich als Mann jedoch nur noch 42. Fünf Jahre, für die niemand daran denkt mich zu entschädigen.

Diese Beispiele sind ebenso repräsentativ gewählt wie die von Kai Laufen, und sie sind geeignet zu zeigen, dass Kai Laufens Prämisse einfach falsch ist. Daraus darf er dann folgern, was er will. Fake News eben.

Für die Interessierten: Sexismus liegt eher nicht vor, wenn die Diskriminierung aufgrund anderer, viel augenfälligerer Gründe stattfindet. Warum bin ich zum Beispiel noch nicht "Opfer" von Fake News geworden - Hillary Clinton, Renate Künast und Maria L. aber schon? Liegt es daran, dass sie im öffentlichen Interesse stehen, ich aber nicht - oder daran, dass ich ein Mann bin und sie Frauen? Eben.

Übrigens war die erste große digitale Beleidigungskampagne in Deutschland gegen einen Mann gerichtet, nicht gegen eine Frau.

Was soll ich zu den anderen Prämissen sagen: Dass Frauen als als Verleumdungsopfer ausgewählt werden, weil ihnen grundsätzlich "Naivität, Blödheit oder Inkompetenz" unterstellt wird?

Ich könnte das z.B. gerade einem Mann unterstellen, der nicht mal eine Prämisse ordentlich prüfen kann, ehe er sie verwendet. Wo ist da das Frauenspezifische?

Dass wir Frauen Naivität, Blödheit oder Inkompetenz vorwerfen, dürfte eher eine postfaktische Behauptung von Kai Laufen sein, denn insbesondere bezüglich Hillary Clinton und Renate Künast würde ich das nie tun. Ich würde diesen Frauen - wie jedem anderen auch, den ich nicht kenne - viel eher bewusstes Handeln aufgrund von Überzeugung und Opportunismus unterstellen.

Damit hätte ich die nächste Prämisse von Kai Laufen widerlegt, ohne diesen Frauen wirklich einen Gefallen getan zu haben.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

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Donnerstag, 10. November 2016

Einwurf, einen Tag nach der US-Wahl

Ich bin derzeit ziemlich überrascht über die Normalos, die sich hämisch über den Ausgang der US-Präsidentenwahl (eher: Wahlleutewahl) freuen.

So, als ob der chancenlose Robin Hood unvermutet durch die panzergläserne Decke gebrochen wäre, welche die Seilschaften des Establishments für die elitäre, schon gewählt geglaubte Kandidatin installiert haben.

So, als ob jetzt die goldenen Zeiten des kleinen, unverstandenen und unwichtigen Mannes einträten.

Nein. Ein Berufspolitiker, gleich welcher Couleur, wäre zumindest in eine Seilschaft eingebettet, durch die er seine Politik, die eh in Hinterzimmern gemacht wird, auch durchsetzen könnte.

Der neue, indirekt wahrscheinlich schon gewählte Präsident der Vereinigten Staaten hat eine solche Seilschaft nicht. Er ist hingegen eine wunderbare Marionette, ein Spielball nun nicht nur einer, sondern aller möglichen Seilschaften, die sich seiner abwechselnd bedienen werden.

Denn hinter der Bühne, auf der dieser Mann ein Schauspiel für die Massen abhält, wird Politik nun gänzlich ohne ihn gemacht werden.

Eine Politik, für die nicht mal der Präsident sein Gesicht verlieren oder den Kopf wird hinhalten müssen, und die daher gänzlich ungehemmt ihre eigenen Interessen verfolgen wird.

Vermutlich stört den Präsidentendarsteller das nicht einmal, sondern es kommmt ihm ganz gelegen. Warum sollte ein Milliardär seines Schlages sein Leben in den Niederungen der Tagespolitik vergeuden? Das hat er gewiss gar nicht vor.

Ich verstehe nur nicht, warum mit solch einer Konstellation so viele Hoffnungen verknüpft werden.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

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