Donnerstag, 18. August 2016

Die Burka ist ... wen verachtend?

Gerade kocht mal wieder die Diskussion zur kopf- und körperverhüllenden Mode in islamisch geprägten Kulturen hoch.

Und wie immer wird, wenn ihre Integration in Deutschland verhandelt wird, ein frauenzentrischer Blickwinkel eingenommen. Wie zum Beispiel Jens Spahn in der FAZ schreibt, komme im Tragen der Verschleierung "ein völlig absurdes Frauenbild zum Ausdruck".

Ich gebe hiermit zu Protokoll, dass die Verschleierung vielmehr ein völlig absurdes Bild von mir als Mann zeichnet. Der Männer wegen, die sich beim Anblick unbedeckter weiblicher Haare und Haut angeblich sexuell nicht mehr beherrschen können, wird der ganze Verschleierungszirkus ja veranstaltet.

Mir steht es nicht zu, darüber zu urteilen, was einen islamischen Mann die Kontrolle über sein Handeln verlieren lässt. Ich aber empfinde es als persönliche Beleidigung, wenn Frauen, sich vor mir verschleiernd, mich implizit anklagen, ich würde sonst über sie herfallen wie ein Tier.

Die Burka verachtet nicht die muslimische Frau! Sie verachtet den westlichen Mann.

Schlagwort: Fadenschein

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Mittwoch, 13. Juli 2016

Genderwissenschaften: Bitte werden Sie dümmer

Mich stört, wie oft Genderthemen in diesem Blog auftauchen. Gut, ich könnte das gegenwärtige tumbe Aufrüsten und gegenseitige Provozieren zwischen NATO und Russland thematisieren - aber das hätte den Effekt von Trockenschwimmen.

Bei Genderthemen jedoch sind wir alle direkt betroffen und können auch alle direkt Einfluss nehmen. Wenn wir nur ein bisschen aufpassen würden.

Als Beispiel: die Sendung Gibt es Geschlechter - und wenn ja, wie viele? von Silvia Pahl, heute ausgestrahlt von meinem Haus- und Hofsender SWR2.

Ich bin grundsätzlich ein Befürworter neuer Wissenschaftszweige: sie können Wissen besser systematisieren und vertiefen. Die Spaltung von Mathematik und Informatik war mindestens bis in die 2000er Jahre ein großer Vorteil.

Bei den Genderwissenschaften komme ich zum entgegengesetzten Urteil, und das lässt sich an der genannten Sendung gut verdeutlichen. Hier drei Aufhänger.

Die Hälfte der Sendung müht sich ab, das soziale Geschlecht und seine Besonderheiten zu erklären. Dies ist ein nicht nur durch Chromosomen und Hormone, sondern auch "kulturell und gesellschaftlich beeinflusste[s] ... Sein", mit dessen Hilfe dann Rollen- und Platzzuweisungen in der Gesellschaft vorgenommen werden. Damit stimme ich überein: Kategorisierung anhand leicht erkennbarer Merkmale ist ein uraltes Mittel, um der Komplexität und Unberechenbarkeit unserer Umwelt Herr zu werden.

Die Genderwissenschaften stören sich aus irgendeinem Grund an Kategorisierung, wenn sie sich aufs Geschlecht bezieht. "Typisch männlich" oder "typisch weiblich" soll einem geschlechtsneutralen Blick weichen. Begründet wird das meist damit, dass das sozial zugeschriebene Geschlecht mit dem selbst zugeschriebenen manchmal auseinanderfällt oder dieses gar nicht abbilden kann.

Zum Beispiel würde man bei einer als "Mann" bezeichneten Person annehmen, dass er Frauen sexuell anziehend findet. Er könnte aber homosexuell sein oder sich selbst als Frau oder etwas zwischen Mann und Frau oder wechselnd als Mann oder Frau oder keins von beidem empfinden - die soziale Ecke, in die man das arme Geschöpf mit der Bezeichnung "Mann" stellt, mag also völlig unpassend sein.

Und dann kommt der erste Brüller: "Stattdessen nutzen die Fachbereiche bereits die Ergebnisse der Genderforschungen. Wenn es etwa darum geht, mehr Männer für soziale und pädagogische Berufe, mehr Frauen für technische Berufe zu interessieren."

Die Arbeitshypothese ist plötzlich, dass es (1) "Männer" und "Frauen" (als Gender!) gibt, und (2) dass sich soziale Männer von selbst nicht für soziale und pädagogische Berufe interessieren und soziale Frauen nicht für technische?! Und das, nachdem gerade ausgewalzt wurde, dass (1) aufgrund der Vielzahl der selbstzugeschriebenen Geschlechter eine Kategorisierung unmöglich und (2) eine Zuschreibung von Eigenschaften zu diesen Kategorien völlig verkehrt ist?

Es ist keine Wissenschaft, wenn es erst Annahmen postuliert und dann mit gegenteiligen Annahmen arbeitet!

Der Brüller geht noch weiter. Das komplette Zitat lautete: "Stattdessen nutzen die Fachbereiche bereits die Ergebnisse der Genderforschungen. Wenn es etwa darum geht, mehr Männer für soziale und pädagogische Berufe, mehr Frauen für technische Berufe zu interessieren. Oder auch ganz allgemein die hohen Hürden für mehr Fachkräfte in Naturwissenschaft und Technik etwas abzubauen."

Wenn es ein Ziel der Genderforschungen ist, "Hürden für ... Fachkräfte ... abzubauen", dann fordere ich hiermit, sie als Scharlatanerie zu brandmarken. Unser Fortschritt und Überleben hängt davon ab, immer mehr Wissen zu sammeln; d.h. dass die Hürden, ein Wissensgebiet zu beherrschen, ständig steigen müssen. "Hürden abbauen" bedeutet, Wissen und Spezialisierung lächerlich zu machen und nicht Fachkräfte, sondern Idioten zu schaffen, die viel von sich halten und nichts können. Das ist eine gesellschaftliche Horrorvision.

Und bitte, erklären Sie mir, warum "die Hürden für Fachkräfte in Naturwissenschaft und Technik" gerade dann abgebaut werden müssen, wenn "mehr Frauen für technische Berufe zu interessieren" sind.

Ebenso, wie sich die Astronomie von der Astrologie und die Chemie von der Alchimie trennen konnte, muss sich eine Geschlechtsforschung von der Genderforschung emanzipieren. Der Beitrag nennt sogar ein Beispiel: "In der Kardiologie wie in der Arbeitsmedizin oder der Neurologie lernen die Studierenden später, wie verschieden sich eine Erkrankung bei Frauen und Männern zeigt und wie unterschiedlich sie therapiert werden muss."

Hoppla, da haben wir wieder Männer und Frauen und einen Unterschied zwischen beiden. Und wie ist es bei Homosexuellen? Genderfluids? Asexuellen? Lächerlich, oder? Genau: Dieses Beispiel hat mit dem sozialen Geschlecht eben überhaupt nichts zu tun. Solche Ergebnisse der Genderforschung zuzuschreiben, die sich dem sozialen Geschlecht und also etwas völlig anderem widmet, ist einfach nur unredlich. Ich halte diese Vermengung an sinnvoller Forschung am biologischen Geschlecht und sinnloser Forschung am sozialen Geschlecht für einen gewollten Betrug.

Es gäbe so viele Themen, mit der sich die Genderforschung beschäftigen könnte. Z.B. könnte sie gegen die Auffassung ankämpfen, dass Frauen irgendwie die besseren Menschen seien, weswegen sie in Flugzeugen neben Kindern sitzen dürfen, während mir lediglich aufgrund meines Penis einfach so die soziale Rolle eines Mannes, ach was, eines perversen Kinderbelästigers zugeschrieben wird.

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

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Dienstag, 5. Juli 2016

Begrabt den Ingeborg-Bachmann-Preis

Natürlich ist mir der Ingeborg-Bachmann-Preis egal. Es beruht ja auf Gegenseitigkeit.

Als mein Haus- und Hofsender SWR2 morgens in einem Interview verlauten ließ, die Verleihung des diesjährigen Ingeborg-Bachmann-Preises sei ein politisches Statement, musste ich doch mal zuhören.

Denn dieser Quatsch verbreitet sich gerade endemisch: Anstatt einen Literaturpreis womöglich gemessen an erbrachter Leistung oder erkannten Perspektiven auf dem Gebiet der Literatur zu verleihen, muss irgendwas Politisches gesagt werden.

Das ist doppelt blöd, denn so verliert der Preis nicht nur seinen literarischen Kern. Er erhielt auch keinen politischen. Zumindest hat die Interviewte sich nicht zu sagen bemüßigt, worin denn dann nun die politische Aussage bestünde.

Klar, die Preisträgerin Sharon Dodua Otoo ist farbig. Sie ist eine Frau. Sie ist eine Feministin. Wunderbar intersektional.

Ich hätte dem ja keine Bedeutung beigemessen, weil dem auch ganz einfach keine Bedeutung zukommt. Seit wann sind den Geschlecht, Hautfarbe und Gesinnung Gegenstand sinnvoller politischer Aussagen?

Und selbst wenn: während der Zeitgeist ganz klar das weibliche Geschlecht, jede Hautfarbe außer der weißen und ganz sicherlich auch den Feminismus hofiert - worin besteht dann die politische Aussage außer darin, dass man gern mit dem Strom schwimmt und sich noch gerner dabei selbst auf die Schultern klopft?

Den prämierten Text findet man beim ORF.

So sinnlos, wie er sich liest, ist er leider nicht. Im Unterschied zur benebelten Jury, die einen im Jahr 1994 handelnden Text (DA HATTE NOCH NIEMAND INTERNET) für eine Satire über den deutschen Alltag im Jahre des Herrn 2016 hält, hat er sehr wohl eine politische Aussage.

Sie lautet: Männer und ihre Leistungen unsichtbar machen.

Denn der im Titel des Machwerks benannte Helmut Gröttrup war ein vielseitiger Ingenieur, war am V2-Projekt beteiligt und widersetzte sich gleichzeitig seiner militärischen Nutzung. Er hat dazu beigetragen, dass Informatik (mein Beruf) sich von der Mathematik emanzipieren konnte. Die Wikipedia-Seite erwähnt noch mehr Erfindungen, die heute milliardenfach ihre Verwendung finden. Sie waren mir selbst nicht bekannt - daher ein Dank für die Erinnerung an diesen Menschen.

Freilich starb Helmut Gröttrup schon 1981, sodass Sharon Dodua Otoos Text dem Eingeweihten dankenswerterweise sofort als Fiktion entgegentritt. Die Autorin findet es witzig, die Rat- und Machtlosigkeit des alternden Mannes gegenüber seiner Putzhilfe Ada, ja sogar gegenüber dem eigensinnigen Frühstücksei zu beschreiben, das ihm auf die Krawatte spritzt. Seine berufliche Laufbahn findet genau einnmal Erwähnung: da, wo sein Versuch, Beruf und Familie zu vereinen, kurzerhand als Verdienst seiner Frau dargestellt wird.

Von seinen Leistungen, die sich auch in Sharon Dodua Otoos Geldbörse finden - kein Wort. Wozu auch, wenn man Männer-Bashing betreiben kann und den Mann nicht nur tatsächlich durch seine Reduzierung auf ein Frühstücksei, sondern auch noch sprachlich durch die höchst infantile Ersetzung des Wortes "jemand" durch "jemensch" tilgen kann.

Fazit: Den JurorInnen des Bachmann-Preises sei verziehen. Kunst zu politisieren war schon immer falsch - die ganzen Hitler-, Thälmann- und Stalinpreisträger können ein Lied davon singen. Denen wäre es besser gegangen, hätte man ihr Werk prämiert und keine politische Aussage gemacht. Ich sehe keinen Grund, warum die noch zukünftige Geschichte nicht auch dasselbe mit dem diesjährigen Bachmann-Preis erreichen sollte.

Den Sexismus und Revisionismus, mit dem Sharon Dodua Otoo über einen verdienten Ingenieur und Informatiker hinwegbügelt, verzeihe ich der Autorin nicht. Möge sie zusammen mit ihrer Gesinnung ebenso unbekannt bleiben, wie es der Ingeborg-Bachmann-Preis der Autorin war, ehe sie ausgezeichnet wurde: "Ich habe den Preis vorher eigentlich gar nicht gekannt."

(Allein das muss man sich mal vorstellen!)

Andererseits: Wenn der Ingeborg-Bachmann-Preis den Nachwuchsautoren nicht mehr bekannt ist - ist das kein Hinweis, dass er seine Schuldigkeit getan hat und leise zu Grabe getragen gehört?

Schlagwort: Verrückte Normalo-Welt

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