Donnerstag, 15. Dezember 2011

Tappen im Dunklen

Ich finde Astronomie ungeheuer faszinierend. So viele Dinge passieren im Kosmos, die wir zwar analytisch erfassen können, die sich aber unserer gewohnten Lebenswirklichkeit vollständig entziehen.

Die Unendlichkeit des Raums ist eines davon. Alle Räume, die wir kennen, sind endlich. Der einzige etwas fassbare Unendlichkeitsbegriff kommt aus der Mathematik - und da gibt es gleich zwei davon: abzählbar unendlich und überabzählbar unendlich. Überabzählbar unendlich ist schon die Zahl der Reellen Zahlen zwischen 0 und 1: es sind so viele, dass wir beim Durchnummerieren aller Zahlen nicht mehr vom Fleck kämen. Schon das ist schwer vorzustellen. Die Ausdehnung des Kosmos ist überabzählbar unendlich in drei Dimensionen, und in der 4. (der Zeit) wohl auch.

Das ist nur ein Beispiel dafür, wie wir verstandesmäßig etwas akzeptieren, was alternativlos erscheint (Scherzfrage: was ist hinter der Bretterwand, die den endlichen Kosmos begrenzt?), obwohl unser Erfahrungsschatz nur genau das Gegenteil enthält.

Das Sehen in die Vergangenheit ist ein anderes. Analytisch verstehen, wir, dass Licht sehr schnell, aber nicht unendlich schnell ist und damit Licht, das uns von fernen Gegenständen erreicht, Auskunft über seinen früheren Zustand gibt und nicht seinen momentanen. Je weiter entfernt das Objekt ist, desto früher in seiner Geschichte beobachten wir es - wodurch wir jetzt schon 12 Mrd. Jahre in die Vergangenheit schauen können.

Auch das akzeptieren wir, weil unsere Logik der Theorie dahinter nichts entgegenzusetzen hat, obwohl unser Erfahrungsschatz nichts dergleichen aufzuweisen hat.

Der momentan letzte Schrei in der Astronomie ist die dunkle Materie. Man sieht sie nicht, man weiß nicht, aus welchen Teilchen sie besteht, man kennt ihre Eigenschaften nicht - bis auf die eine, dass sie nämlich auch eine Gravitation besitzt, und zwar eine stärkere als die der bekannten Materie - sonst würde man ihre Existenz wohl nie vermutet haben. Da aber die Gravitation der bekannten Materie für ihre Ordnung nicht ausreicht, muss es eine andere ("dunkle") mit stärkerer Gravitation geben, die die bekannte Materie ordnet. 90% der existierenden Materie soll dunkel sein.

Dieses Ordnen ist so gründlich, dass man die dunkle Materie als "Architekt des Universums" bezeichnet, der kosmischen Gebilden eine Struktur aufzwingt: Sterne bilden Galaxien mit ihren typischen Formen, Galaxien bilden Galaxienhaufen, und Galaxienhaufen bilden eine schaumartige Struktur mit starken Fäden und dünnen Wänden um ein "Nichts", welches durchaus gerade das organisierende Etwas sein könnte. Überrascht waren die Astronomen davon, dass die Ordnungsprinzipien dieser Strukturen schon sehr bald nach dem Urknall wirkten, weil es z.B. schon nach 3 Milliarden Jahren Galaxien gab, die wir heutige Galaxien aussehen. (Die Infos kommen vom SWR2)

Ich finde es interessant, dass Wissenschaftler sich offen bekennen, an eine dunkle Materie zu glauben, die, obwohl so kräftig, strukturgebend und unabdingbar für alles uns Umgebende und in so großer Überzahl vorhanden, weder je von jemandem gesehen noch irgendwie sonst nachgewiesen werden kann außer durch eine vermutete Anomalie zwischen den Eigenschaften der Dinge, die wir sehen, und ihrem tatsächlichen Zustand, den wir, weil wir ihn sehen, nur schwer bezweifeln können.

Über Gott steht nichts anderes in der Bibel. Er soll das kosmische Chaos zur Ordnung gebracht haben (Genesis Kap. 1), doch niemand hat ihn je gesehen (Evang. Johannes 1,18), nur durch die Schöpfung um uns herum, die eine Anomalie zum Chaos darstellt, kann man auf ihn schließen (Römerbrief 1,20). Dennoch ist der Gottesglaube unter Wissenschaftlern eher weniger akzeptiert als die dunkle Materie.

Ich bin ein wenig amüsiert darüber, dass die Astronomen an einem Gottesbeweis arbeiten, ohne es zu merken.

Schlagwort: Geschichten aus der heilen Welt

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