Stellen Sie sich vor, Sie seien ein narzisstischer Egoist und möchten reich werden. Hier steht, wie das geht.
- Finden Sie eine Million Leute, die Ihnen ein paar Euro geben. Schon sind Sie Millionär.
Das geht nicht? Und ob das geht. Hier sind zwei aktuelle Fallbeispiele.
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Sammeln Sie die Urängste der Bevölkerungsschichten, deren Gemüter am leichtesten erregt werden. Ob die Ängste irrational sind, ist nicht entscheidend. Jetzt formulieren Sie diese Ängste um, untermauern sie mit Halbwahrheiten, beweisen sie mit Schweinwissenschaften, und verkaufen Sie dem Volk seine eigene Gefühlswelt (durch Ihren Fleischwolf gedreht) als Buch. Fertig. Umsatz des aktuellen Beispiels (bis dato): ca. 15 Millionen Euro [1]. Dazu die Einnahmen aus Lesungen. Keine Sorge, auch Leute, die nicht müssen, werden sich das Buch kaufen und Ihnen ihr Geld nachwerfen für Thesen, hinter denen Sie nicht mal wirklich stehen müssen.
Und die depperten Konsumenten geben Ihnen Geld für etwas, was sie eh schon denken. -
Steigen Sie (wie z.B. Bertelsmann, Burda oder Disney) bei RTL2 ein oder werden Sie ihr Berater und installieren Sie eine Sendung, die mit "Tatort" anfängt. Inhalt: künstlich echauffierte Identitätsfälscher verleiten kranke Leute zu scheinbaren, zu vermeintlichen Straftaten, die das Volksgefühl empören, aber eben keine Straftaten sind. Fertig. Einschaltquote des aktuellen Beispiels: ca. 1,1 Millionnen Zuschaner, fast alle in der „werberelevanten Zielgruppe“ [2]. Keine Sorge also, die Werbeslots werden Sie los wie warme Semmeln.
Und die depperten Konsumenten bezahlen Sie über die Werbung und die Produktpreise und verlieren auch noch ihre Zeit dabei.
Sie sehen, mein einer und einziger Rat, wie Sie reich werden können, funktioniert. Das einzige, was Sie gegebenenfalls abschaffen müssen, ist Ihr Gewissen. Schamlos müssen Sie lügen können, Ihnen ginge es darum, eine Diskussion anzustoßen, ein Tabu anzusprechen, Kinder zu schützen, die widerlichen Andersdenkenden unschädlich zu machen. Sie müssen so tun, als ob Sie sich selbstlos um die Lösung eines gigantischen gesellschaftlichen Problems bemühen, jeden Angriff auf Ihre Taktik als Ignoranz des Problems oder besser gleich als unmoralischen Akt darstellen, und dabei intensiv an einer Verhinderung der Lösung arbeiten. Denn nur die ausbleibende Lösung verschafft Ihnen Aufmerksamkeit, Quoten, Tantiemen, also: Geld.
Das sei ein Widerspruch: Ein Problem ansprechen und seine Lösung vereiteln? Ganz und gar nicht. Hier die mit heißer Nadel gestrickten Rezepte:
- Teile und herrsche! Spalten Sie die Menschen in zwei unversöhnliche Gruppen und tun Sie so, als gäbe es nichts dazwischen. Pro-Guttenberg oder pädophil. Pro-Stuttgart21 oder ewiggestrig. Deutsch oder muslimisch. Nichts dazwischen.
- Geben Sie ausgleichenden und differenzierenden Argumenten keinen Raum und stellen Sie immer nur eine Seite dar, und zwar die negative. Türken beziehen Sozialhilfe (und die türkischen Gemüsehändler zahlen Steuern), Ausländer schlagen ihre Frauen (genau wie Deutsche), Kinder werden durchs Internet vergewaltigt (wenn sie in die entsprechenden Chats gehen, dort über sexuelle Phantasien reden und Wildfremden ihre Adresse mitteilen).
- Nutzen Sie die Gefühle und Schlussfolgerungen der Konsumenten, ohne sie direkt anzusprechen. Sagen Sie „kleines Mädchen“: jeder hat den süßen blonden Fratz mit Zöpfchen vor Augen und nicht die geschminkte Partygöre mit Brüsten, Periode und Kondom in der Geldbörse. Sagen Sie „christlich-jüdisch-abendländische Werte“: jeder denkt an Jesus und Barbarossa, an Milde, Ehre und Heldentum und nicht an Ausländerhass, Politikverdrossenheit, Altersheime, Steuerhinterziehung, Kindermangel, Bestechung, Einelternfamilien, Pharmalobby, Diktatoren und zwei Weltkriege. Die Schlussfolgerungen ziehen die Konsumenten selbst. Das arme kleine Mädchen muss man vor dem Wolf schützen und die christlich-jüdisch-abendländischen Werte vor den Sarazenen, das ist doch klar. Ein Wüstling, wer das bestreitet...
Wenn es bei Ihnen geklappt hat, schreiben Sie mir doch mal. Ich erweitere die Liste gerne um Ihren Ansatz.
Jetzt muss ich aber gehen, ein bisschen Geld verdienen... ehrlich. Reich werde ich dabei nicht.
[1] Eigene Berechnung, Quelle: Spiegel Online.
[2] Quelle: Quotenmeter GmbH .