Mittwoch, 11. März 2020

Anekdoten aus der Qualitätspresse, #37 (gefühlt)

Wann immer die Diskussion um eine "Expertenregierung" auftaucht (wie letzens in Thüringen), muss ich feststellen, dass es nicht hilft, wenn ich mich kneife: es ist kein Alptraum, sondern Realität.

Leider. Leider schämt sich keiner dafür, eine Regierung aus Experten als Ausnahme und nur vorübergehend hinzunehmenden Sonderfall darzustellen.

Was halten solche Leute eigentlich von sich selbst, die, erstens: laut zugeben, selbst keine Experten zu sein, zweitens: zugeben, dass Experten einen besseren Job machen könnten als sie selbst, und drittens: das nicht als dauerhafte Lösung eingeführt wissen wollen?

Eine Expertenregierung ist übrigens überhaupt nicht undemokratisch. Das GG und die Landesverfassung stehen einer solchen überhaupt nicht im Weg.

Die Politiker, die gewählt werden, bleiben ja immerhin Politiker und sitzen im Parlament, also da, wo Gesetze verabschiedet werden. Genau das ist Politik.

Die Politiker wählen den Chef der Regierung, das ist dann schon eine indirekte Wahl, aber immer noch in Ordnung, da ein Kanzler oder MP ja immer noch ein politisches Amt ist.

Wozu allerdings die Regierung - die mit dem gesetzestreuen Ausführen der Gesetze befasst sein sollte - immer noch aus Politikern (und nicht aus Experten) bestehen sollte, hat sich mir noch nie erschlossen.

Nun, die FAZ hat jetzt herausgefunden, warum Expertenregierungen des Teufels sind: die AfD in Thüringen hat nämlich mal eine solche vorgeschlagen.

Und sie vermutet böse Motive hinter dem Vorschlag, denn erstens ließe sich ja gerade die AfD von Experten zum Klima auch nichts sagen, und zweitens stritten Experten normalerweise, und das sei ... "unverlockend" für eine Regierung, schreibt die FAZ.

Ich glaube ja eher, dass die FAZ gegen Experten in der Regierung ist, weil dann jemand auf die Idee kommen sollten, auch in den Redaktionstuben lieber Experten am Werk sehen zu wollen.

Einem solchen wäre z.B. aufgefallen, dass unter der Prämisse, dass Experten streiten, auch Klimaexperten streiten müssen, also keinen Konsens haben können (oder wenn doch - dann eben keine Experten sind).

Wenn die Klimakonservativen (die das Klima sich am Verändern hindern wollen) aber entweder keine Experten sind, oder aber als Experten mit den Klimaprogressiven (die Klimaveränderungen begrüßen) im Streit liegen: warum sollte irgendwer dazu verpflichtet sein, ihnen zu glauben und nicht der Gegenseite?

Bravo, ein Selbstwiderspruch.

Schlagwort: Fadenschein

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