Donnerstag, 17. Dezember 2015

Flüchtlinge willkommenheißen ist moderner Kolonialismus

Ich habe die Leute mit den "Refugees welcome"-Schildern gesehen, und da es Teil meiner Weltphilosophie ist, dass sich der Mensch nicht ändert, lange überlegt, woher das kommt und welche historische Parallele es dafür gibt.

Die Erklärung, wir Deutsche seien eben einfach human oder unter der Schuldenlast des Kriegsstiftens und Holocausens unter bleibendem Wiedergutmachungsdrang, geht völlig fehl, denn beides kann einen Ausschlag im Mittel der Bevölkerung anzeigen. Mit den Schildern stehen aber Einzelpersonen, die kein Mittel darstellen, sondern hundertprozentig mit ihrer Tat identifiziert werden können (und die andere Erklärung, dass es sich dabei nur um eine nichtsexuelle Form öffentlichen Onanierens handelt, sagt mir zu wenig über die psychologischen Gründe).

Deshalb bin ich der Überzeugung, dass das Willkommenheißen der gar nicht fassbaren Gruppe der "Refugees" durch Einzelpersonen eine moderne Form des Bejahens von Kolonialismus ist.

Nämlich der überhaupt nicht in Frage gezogenen Grundüberzeugung, den Kolonialisierten individuell und als Gruppe überlegen zu sein und sie gönnerhaft ihrer Kultur berauben und der eigenen als einzig seligmachenden zuführen zu müssen.

Was ist das Gerede vom flüchtenden syrischen Arzt anderes als die Überzeugung, er finde seine Legitimation als Flüchtling nur darin, dass er seine Fähigkeiten von Deutschen ausbeuten lässt?

Da ist aber noch etwas.

Zu der an sich schon widerlichen Überheblichkeit kommt noch moralische Reinwäscherei und Heuchelei hinzu.

Während der Kolonialisierung wählte man das zu verbreitende Christentum und später die zu bewältigende Zivilisierung der Wilden als moralische Entschuldigung - ja nicht den Kolonialisierten gegenüber, sondern den Zweiflern im eigenen Haus. Mit diesem Argument ist der Kritiker der Kolonialisierung auch der Antichrist und Egoist.

Dieselbe moralische Selbstüberhöhung gegenüber den eigenen Mitbürgern, die nicht mit Transparenten auf die Straße gehen, muss also eine weitere wichtige Triebfeder bei den Willkommenheißern aus Leidenschaft sein.

Zuletzt die Flucht vor der Verantwortung. Wer Flüchtlinge willkommenheißt, sichert ihnen Gastfreundschaft zu - was aber zu billig ist, wenn man diese selbst nicht erweisen muss. Würde die vegane Mami mit dem Waldorfkind wirklich eine Busladung von Flüchtlingen begrüßen, wenn sie denen allen dann persönlich das Taschengeld zahlen müsste? Natürlich nicht. Sie nimmt den moralischen Kredit gern auf, lässt aber die Allgemeinheit abbezahlen, die sich dazu nicht geäußert, schon gar nicht zugestimmt haben.

Den Wohltäter spielen und andere zahlen zu lassen ist aber Heuchelei - genau wie heute ganze Staaten als Kolonialstaaten einen zweifelhaften Ruf in der Geschichte haben, obwohl nur die wenigsten Einzelpersonen von der Kolonialisierung wesentlich profitiert haben und als Individuum für die Kolonialisierung überhaupt nicht zur Verantwortung gezogen werden (Hernán Cortés vielleicht ausgenommen). Auch hier die Heuchelei, für alle zu sprechen und doch die anderen zahlen zu lassen.

Unreflektierte Selbstüberhöhung, moralische Reinwäscherei und Heuchelei also. Zu Kolonialzeiten wie heute. Nur dass er heute im eigenen Land stattfindet und wir uns nicht mal mehr dafür auf den Weg machen. Wir sollten uns nichts darauf einbilden.

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