Dem gemeinen Deutschen stellen sich beim Wort "Inflation" aus historischen Gründen die Nackenhaare auf. Das wurde bisher weidlich genutzt: insbesondere, um Arbeitnehmern klarzumachen, dass ihre Löhne keinesfalls steigen dürften. Denn höhere Löhne führen zu Preiserhöhungen, also zur Inflation und WIR WERDEN ALLE STERBEN!
Die Löhne steigen aber trotzdem ein bisschen, und das hat den simplen Grund, dass steigende Löhne gut für die Wirtschaft sind. Wenn Otto Normalverbraucher 5% mehr verdient, kauft er sich davon nicht 5% mehr Brot (wir sind nicht in der Nachkriegszeit, jeder kann sich an Brot sattessen). Sondern er kauft entweder ein Brot, dass 5% besser (und teurer) ist, oder er kauft sich etwas, was er sich früher nicht leisten konnte. Das kurbelt in beiden Fällen die Wirtschaft an, die durch die Nachfrage gezwungen wird, innovative Produkte auf den Markt zu bringen. Sie wird auch umgehend dafür belohnt.
Nun wollen die EZB-Volkswirtschaftler eine Inflation von knapp 2% erreichen, bekommen aber momentan gerade ein halbes Prozent zusammen. Was würden wir ihnen also vorschlagen? Genau: Eine Lohnerhöhung besonders für die niederen Einkommensschichten, und ihr könnt gar nicht so schnell gucken, wie die Inflation da ist.
Das geht aber natürlich mal GAR NICHT. Wäre ja noch schöner, wenn Sie mehr Geld in der Tasche hätten. Nee nee, träumen Sie weiter, das Geld gehört in andere Taschen. Und dafür, dass Geld in fremde Taschen kommt, geht die EZB über alle Leichen der Logik.
Was war gleich der Grund für eine gesunde Inflation? Ah, eine brummende Wirtschaft soll nicht durch mangelnde Geldmittel abgewürgt werden. Wir haben heute aber keine brummende Wirtschaft und brauchen daher auch keine größere Geldmenge. Die EZB weiß das auch, verkehrt aber ihren Auftrag flugs ins Gegenteil und erklärt, die Wirtschaft durch eine größere Geldmenge zum Brummen bringen zu wollen.
Allerdings nicht, indem sie IHNEN mehr Geld in die Hand gibt: das kann sie nicht, denn niemand kann Sie zwingen, zu Ihrem Chef zu gehen und ihn mit ihrem Ausscheiden zu erpressen, falls er Ihnen nicht das Gehalt erhöht. Also tut sie, was sie eben so kann, und versucht, die Geldmenge durch Anleihenkäufe zu erhöhen.
Die FAZ findet nun, dass das leider nicht funktioniert, obwohl es so gut gedacht war:
- Verkaufen Banken Anleihen, bekommen sie Mittel für mehr Kredite frei, so kommt die Wirtschaft in Fahrt.
- Kauft die EZB Anleihen, sinkt deren Rendite und damit das Zinsniveau insgesamt, so dass mehr Kredite nachgefragt werden und die Wirtschaft in Fahrt kommt.
- Verkaufen Banken Anleihen, müssen sie in Aktien investieren, was deren Kurs steigen lässt und Aktionären Vermögen beschert, das sie verkonsumieren und so die Wirtschaft in Fahrt bringen.
- Anleihekäufe benachteiligen Anlagen in Euro, so dass sein Kurs fällt, was in unserer Exportnation die Wirtschaft in Fahrt bringt
NATÜRLICH wird es nicht funktionieren! Wie treudoof muss man sein, wenn man den größten Finanzspielern (Banken und Aktionären) ohne Verpflichtung zur Gegenleistung viel Geld in den Schoß schüttet und dann erwartet, sie müssten dieses irgendwie altruistisch zur Rettung der Konjunktur verwenden?! Weder Banken noch Aktionäre haben (heute, leider) Interesse an aufwändigen Firmenanalysen und langdauernden Investitionen, auch wenn die eine echte Wertschöpfung erreichen. Wer Geld bekommt, das er nicht ausgeben MUSS, der spielt damit, anstatt den Konsum und damit die Realwirtschaft dadurch zu stärken.
Und deshalb - Überraschung! - funktioniert keiner der vier - möglichen, aber indirekten und nicht von allen geteilten - Hebel, über die Anleihenkäufe die Inflation heben könnte. Und selbst wenn: Einer Wirtschaft, die das Geld nicht braucht (sie ruft die Kredite ja nicht ab), der muss man es auch nicht hinterherwerfen.
Das interessiert Herrn Draghi aber nicht, solange den Banken nur das Geld anderer Leute in die Taschen fließt. Das ist der Zweck der Inflation. Deshalb bekommen auch die Banken das Geld aus den Anleihekäufen und nicht die Arbeitnehmer. Machen Sie sich keine Hoffnung. Es geht nicht um Ihre Interessen.
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