Heute ist ein gar fröhlicher Tag! Wir können uns nämlich geschlossen die Bäuche halten und ein paar Leute schallend auslachen.
Zum Beispiel über die Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg. Da versucht der Landtag den Schwaben einzutrichtern, Frauen müss[t]en in vergleichbaren Jobs fast drei Monate länger arbeiten, um rein rechnerisch genauso viel Geld verdient zu haben wie Männer. Denkste, Puppe! Die vermeintliche Lücke bezieht sich eben GERADE NICHT auf vergleichbare Jobs! Diese Falschinformation ist so gezielt, dass sie vorsätzlich sein muss.
Wer sich wirklich bilden will, geht lieber zur Primärquelle: dem statistischen Bundesamt. Das findet nämlich: Ja, nimmt man einfach alle Bruttoverdienste von Männern und Frauen in 2014 zusammen, so verdienten Männer mit 20,20 EUR pro Stunde mehr als Frauen mit 15,83 EUR. ABER: das hat seine Gründe. Die Differenz hat nämlich einen "erklärten" Teil, d.h. einen, der rational zu begründen und mathematisch zu bemessen ist, und einen "unerklärten". Wobei auch der unerklärte Teil nicht automatisch Frauendiskriminierung bedeutet, sondern lediglich, dass man die Faktoren, die ebenfalls rational sein können, nicht korrekt beobachten oder nicht mathematisch korrekt einbeziehen kann.
Lesen müssen Sie die Quelle schon selbst, aber ich habe Ihnen die Gründe für den GPG (Gender Pay Gap) hier mal zusammengefasst:
- Frauen arbeiten eher Teilzeit als Vollzeit1, ...
- Frauen lassen sich seltener hoch ausbilden als Männer2, ...
- Frauen wählen bei ihrer Ausbildung eher schlechtbezahlte Berufe und Branchen3, ...
- Frauen begrenzen sich auf eine enge Palette eher schlechtbezahlter Beschäftigungen4, ... , obwohl sie dadurch ihre Chancen beschneiden, beruflich aufzusteigen und damit mehr zu verdienen5.
- Und, nicht ganz ernstgemeint:
- Frauen bleiben lieber im Westen, wo der Gender Pay Gap 24% beträgt ...6, ... , obwohl er im Osten nur 6% beträgt.
Mit anderen Worten: sie wollen es so, und das mit gutem Grund! Wer Teilzeit arbeitet, hat mehr Freizeit7. Wer sich kürzer ausbilden lässt, muss nicht büffeln und verdient schon viel früher. Ein Bürojob hat ein geringeres Krankheits- und Verletzungsrisiko. Wer seinen Traumjob macht, muss sich nicht jeden Tag neu überwinden. Das sind alles Vorteile, aber eben immaterielle und nicht materielle. Welcher Neoliberalist hat es geschafft, den Frauen weiszumachen, dass nur die materiellen Vorteile zählen?
Obwohl - das stimmt nicht ganz, denn die Frauen, die diese Vorteile genießen, haben auch materiell etwas davon: Bei den heute 35jährigen haben Frauen eine viereinhalb Jahre höhere Lebenserwartung (Männer 78 Jahre, Frauen 83 Jahre). Männer werden also 11 Jahre Rente bekommen, Frauen dagegen 16 Jahre. Das ist ein Pension Span Gap von 31%!
Ich schlage vor, alle Rentner begehen künftig nach 251 Tagen im Jahr (9. September) den Equal Pension Span Day, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Männer da schon abkratzen, während die Frauen noch bis Jahresende Rente beziehen. Oder, wir begehen nach 49 Wochen (11. Dezember) den Equal Lifespan Day, an dem die heute 35jährigen Männer schon ins Gras gebissen haben, während ihre Frauen noch bis zum Jahresende leben.
Irgendwie ist mir nicht mehr nach Lachen zumute. Deshalb nochmal zurück zur Landeszentrale für politische Bildung.
Wer ein bisschen weiterliest als nur die Überschrift, erfährt plötzlich (und richtigerweise): Von den himmelschreienden 22% Lohnunterschied bleiben beim Vergleich vergleichbarer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen nur (O-Ton) "eine Lohnkluft von 7 % bestehen. Das kann (muss aber nicht unbedingt) heißen, dass Frauen bewusst diskriminiert werden. Aspekte wie das individuelle Verhalten bei Lohnverhandlungen mögen ebenfalls relevant sein ..."
Noch ein Lacher! Schuld an den letzten 7% könnten auch eher "individuelles Verhalten" sein als eine strukturelle Diskriminierung durch die Gesellschaft. Nun, wer bitte hat das Recht, das "individuelle Verhalten" der Frauen zu kritisieren?
Aber wartet, einen habe ich noch. Wieder die Landeszentrale für politische Bildung, nochmal der Artikel über den Equal Pay Day, noch weiter unten, ein Zitat der Frauenrechtlerin Susan B. Anthony: „[Es] ist darauf zu bestehen, dass die Qualifikation, nicht das Geschlecht, über Einstellung und Gehalt entscheiden.“
Schallendes Gelächter! Im Ernst? In Zeiten, als gerade eine Frauenquote gesetzlich beschlossen wurde, wo also gerade Geschlecht über die Einstellung entscheidet und nicht die Qualifikation, maßt sich die Legislative an, eine Frauenrechtlerin zu zitieren, die genau das Entgegengesetzte forderte?
Fußnoten
1. Höheres Einkommen erzielt man bei beruflichem Aufstieg, beruflicher Aufstieg braucht Zeit und Vollzeitbeschäftigung. Allerdings galt für 2006 (ohne Beamte, Altersteilzeit, Auszubildende, Praktikanten): Von 100 Männern ab 35 Jahren arbeiten 91 in Vollzeit, aber von 100 Frauen über 35 Jahren arbeiten nur 54 in Vollzeit. 37 von 100 Frauen über 35 bringen sich also selbst um ihre Aufstiegschancen, weil sie nicht Vollzeit arbeiten. Ein Lacher auf diese 37%, die den Zusammenhang zwischen Einsatz und Gehalt nicht verstehen!
Und, bitte: Mit Kindererziehung hat das NICHTS zu tun. Wer mehr verdienen und daher Vollzeit arbeiten will, muss die Kinder entweder auslagern oder darf keine haben. Für beides stehen den Frauen alle Wege offen: Kinderbetreuungseinrichtungen oder ihr Ehepartner für die Kinder, Verhütung gegen die Kinder. Wenn Frauen diese Möglichkeiten nicht nutzen - also nicht dahin ziehen, wo es Kinderbetreuung gibt, oder sich nicht den Partner suchen, der ihre Lebensplanung teilt - dann ist das ihre Entscheidung. Selbst schuld. Im übrigen ist der Stundenlohn eines teilzeitbeschäftigten Mannes gegenüber dem eines vollzeitbeschäftigten um 21% geringer, bei Frauen nur um 8%: Frauen in Teilzeitbeschäftigung verdienen gegenüber Männern also deutlich besser.
2. Je besser gebildet, desto höher das Gehalt. 2006 haben von 100 männlichen Beschäftigten haben über 10 einen Uni-Abschluss, aber von 100 weiblichen weniger als 8. Studieren Frauen weniger, oder gehen die Studierten nicht arbeiten? In beiden Fällen: wer hindert sie? Sie selber. Ein Hinweis darauf sind die Beschäftigten, deren höchste Qualifikation die Hochschulreife ist, also das Abitur: von 100 arbeitenden Männern sind es über 6, von 100 arbeitenden Frauen dagegen fast 9. Sprich: viel weniger Frauen als Männer, die die HochschulREIFE haben, gehen dann auch tatsächlich auf eine Hochschule. Noch ein Lacher: Alle Chancen offen, aber nicht genutzt. Selbst schuld. Das wird nur noch abstruser, wenn man sich anschaut, wo die Akademikerinnen landen: 66 von 100 sind in der höchsten Leistungsgruppe gelandet; bei Männern nur 63 von 100 (alles 2006). Wie kann frau diesen Vorteil so leicht aus der Hand geben? Keine Ahnung. - Bei Frauen stagniert übrigens der Durchschnittsverdienst ab einem Alter von 30 Jahren, während er bei Männern noch ansteigt. Das darf man nicht so verstehen, als könnte eine heute Dreißigjährige ihr Einkommen nicht steigern, denn die Erhebung des Statistischen Bundesamts ist eine Bestandsaufnahme. Also: heute Dreißigjährige verdienen etwa soviel wie heute Vierzig- oder Fünfzigjährige. Diese Vierzig- oder Fünfzigjährigen sind jedoch überproportional häufiger schlechter gebildet oder arbeiten nicht in ihrem Ausbildungsberuf. Dafür kann man der Gesellschaft (oder den Frauen) vor 20 Jahren einen Vorwurf machen, aber nicht heute.
3. Höheren Verdienst gibt es mit höherer Wertschöpfung; verwaltende Tätigkeiten gehören da nicht dazu. Frauen sind jedoch überproportional im Büro, als Verkäuferin, als Reinigungskraft oder in sozialen Tätigkeiten anzutreffen. Lassen wir die Diskussion weg, ob diese Berufe nicht genauso notwendig sind wie andere - ja, sie sind es, aber die anderen sind es nicht weniger, und die gesellschaftliche Anerkennung ist eine gesellschaftliche oder politische Frage, nicht eine, die man mit seiner Berufswahl entscheidet. Wer mehr verdienen will, geht eben in die Berufe, wo mehr verdient wird, auch wenn das eine gewisse Offenheit für Ungewohntes verlangt. Das mögen Frauen weniger als Männer: während über die Hälfte der Frauen in den 8 meistgewählten Berufen der Frauen arbeiten, verbleiben nur 27% der Männer in den acht meistgewählten Berufen der Männer. Geistige Beweglichkeit zahlt sich aus - wenn man sie hat.
4. Höherer Verdienst hängt nicht nur mit der Beschäftigung, sondern auch dem Ausbildungszweig zusammen. Hier gilt: je höher die Frau ausgebildet ist, desto weniger verdient sie im Vergleich mit gleichgebildeten Männern. Nanu? Ja! Und das geht so (O-Ton des Statistischen Bundesamts:) "Der weit überdurchschnittlich hohe Gender Pay Gap bei dieser Arbeitnehmergruppe könnte auf eine ausgeprägt unterschiedliche Fächerwahl zwischen den Geschlechtergruppen zurückzuführen sein. Auswertungen der Studienabschlüsse an Fachhochschulen zeigen, dass der Männeranteil in mathematisch-technischen Fachrichtungen den der Frauen bei weitem übersteigt. Frauen hingegen sind häufiger in eher niedrig bezahlten Fächern wie etwa Sozialwesen oder Wirtschaftswissenschaften überrepräsentiert." Warum tun sie das? Wer weiß. Ein Lacher!
5. Wirtschaftlich denkende Arbeitgeber müssen auch noch den Krankenstand bedenken. Der Gesundheitsreport der Techniker-Krankenkasse (2014) führt z.B. für 2013 auf: Männer hatten einen Krankenstand von 3,68%, Frauen dagegen von 4,41%. Männer waren durchschnittlich 13,4 Tage arbeitsunfähig, Frauen dagegen 16,1 Tage. Das würde schon eine Gehaltsreduzierung für Frauen von 1,3% begründen.
6. 2006 hatte Baden-Württemberg einen Gender Pay Gap von 28,0% - Sachsen-Anhalt dagegen 2,9%. Aber das sieht besser aus, als es ist: Grund ist, dass Männer im Osten 45% weniger verdienen als Männer im Westen, während Frauen im Osten "nur" 17% weniger verdienen als Frauen im Westen. Wirklich angeschmiert sind also die Männer im Osten, nicht die Frauen im Westen.
7. 2006 hatten Frauen 127 Monatsstunden bezahlte Arbeit, Männer dagegen 157 Monatsstunden. Dazu kamen 17 bezahlte Überstunden bei Frauen, aber 20 bei Männern.
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