Ehe: Nein. Kinder: Nein. Darum.
Als Beschäftigter
in der Informatikbranche mit ein paar Hochschulabschlüssen geht es mir finanziell nicht schlecht. Ich verdiene weniger als ich könnte, weil ich mir die Nerven schonen möchte und ein Mehr an Selbstverwirklichung im Job nicht brauche. Dafür gehe ich nach 40 Stunden fröhlich pfeifend nach Hause und gebe im Übrigen mein Geld in meiner Freizeit nach Gusto aus.
Da ich Single
und kinderlos bin, lebt damit auch der Staat ganz gut: Von dem Geld, das mein Arbeitgeber für mein Gehalt aufwendet, geht mehr als die Hälfte in Steuern und Versicherungen – dreieinhalb Tausend Euro jeden Monat. Aber das juckt mich nicht: für mich bleibt noch genug übrig.
Natürlich trage ich
überproportional die Kosten anderer Familien in Deutschland mit. Meine Beiträge zur Krankenversicherung versichern nicht nur mein Krankheitsrisiko, sondern auch noch das von jemandes Ehepartnern und Kindern, die kostenlos mitversichert werden. Meine Beiträge zur Rentenversicherung sichern nicht nur meine Altersvorsorge, sondern auch die von jemandes Ehepartner, der zur Kinderbetreuung daheimgeblieben ist. Meine Steuern bezahlen das Kindergeld für anderer Leute Kinder, ihre Kindergärten, Schulen und Universitäten.
Ich könnte also
auf die Idee kommen, zu heiraten und Kinder zu zeugen, um zur begünstigten Seite der arbeitenden Bevölkerung zu kommen. Stellen wir uns also vor, ich hätte vor 6 Jahren doch diese nette frisch ausgelernte Steuerfachgehilfin geehelicht und vor vier und zwei Jahren noch je ein Kind gezeugt. Das gäbe auf den Schlag einen Steuervorteil von über 500 Euro plus 364 Euro Kindergeld. Natürlich sind die größeren Kosten für Wohnung, Ernährung, Hygiene, Bildung etc. dadurch auf den ersten Blick bei weitem nicht abgedeckt. Rechnet man die geldwerten Vorteile (3 kostenlos krankenversicherte Personen, eine kostenlos rentenversicherte Person, Kindergartensubvention usw.) dazu, sieht die Bilanz schon anders aus.
Also nichts wie los, heiraten und Kinder kriegen?
Leider liegt
die Wahrscheinlichkeit einer Scheidung, ehe das jüngste Kind 27 Jahre alt wird, immerhin über 23%. Versetzen wir uns also in die Lage meiner Frau, die als gewesene Steuerfachgehilfin ja auch rechnen kann. Durch die zwei Kinder haben wir ein monatliches Einkommen von 3.800 Euro, von denen ein Tausender auf die Wohnung draufgeht (ich wohne leider in einer sehr teuren Stadt). Ein weiterer Tausender geht in die Sparpläne, die wir seit Eheschließung führen und in 4 Jahren zum Eigenheimkauf führen sollten. Bleiben tausendachthundert für die Lebensführung aller vier Personen: zwei Autos, Versicherungen, Kleidung, Essen, Kinderbespaßung, Urlaub, Kultur und so weiter. Nicht üppig, aber ausreichend.
Würde sich
meine Frau jetzt von mir trennen, erhielte sie Unterhalt: für jedes Kind 381 Euro plus die Hälfte vom Kindergeld, also 964 Euro. Dann der Trennungsunterhalt, die Hälfte des bisher zur Verfügung stehenden Haushaltsnettos von 3800 Euro, also 1900 Euro. Insgesamt also 2864 Euro. Fällt was auf? Das ist mehr als die Summe, die bisher (nach Abzug des Sparplans) der ganzen Familie von vier Personen verblieb. Nach der Trennung hätte sie also dasselbe Geld zur Verfügung, müsste davon allerdings eine Person und ein Auto weniger unterhalten (nämlich mich und meins), und sie muss mir obendrein meine dreckigen Socken nicht mehr waschen. Bei der Scheidung gibt’s dann noch als Sahnehäubchen die Hälfte des sozusagen „gemeinsam“ angesammelten Vermögens dazu: 36.000 Euro plus Zinsen. Und später noch die Hälfte meiner Rentenpunkte und Altersvorsorge.
Wenn sie das nicht davon überzeugt, sich schleunigst von mir trennen zu müssen, dann weiß ich auch nicht.
Dass ich dann
als Geschiedener selbst – wie ein Lediger – wieder nur 3000 Euro netto verdienen würde, von denen ich fast alles an Unterhalt abzudrücken hätte, ist den Gerichten übrigens egal: in meinem Job gibt es ungleich stressigere Stellen, die allerdings auch meine 1050 Euro Selbstbehalt zusätzlich abwerfen würden. Eine solche Stelle kann man mir fiktiv unterstellen; ansonsten kann man mich für den aus Mangel nicht geleisteten Unterhalt auch ins Gefängnis werfen lassen.
Und das alles mit einer Wahrscheinlichkeit von 23%?!
Nein danke.
Ich kann
auch rechnen. Ohne Ehefrau und Kinder habe ich mein eigenes Haus in 20 Jahren zu 100% abbezahlt und auch zwischendurch nicht als Asket gelebt. Und dabei habe ich mich noch nicht mal aus der sozialen Verantwortung gestohlen, sondern nebenbei noch dem einen Kind das Kindergeld und der anderen Frau ihre Krankenversorgung und Rente mitbezahlt.
Und wer mir
jetzt erzählt, das könne man so nicht sehen, da seien ja noch die Annehmlichkeiten und Freuden des Ehe- und Familienlebens: natürlich gibt es die.
Aber die haben ja nicht per se einen höheren Wert als die Freuden und Annehmlichkeiten des Singledaseins: Himmlische Ruhe abends nach dem Arbeitstag zu Hause. Keine Nörgeleien und Streitereien wegen verschiedener Ansichten. Kein Bangen um Gesundheit und Wohlergehen von Frau und Kindern. Keine vier Schwiegereltern, die mit Aufmerksamkeit zu bedenken und in absehbarer Zeit auch zu pflegen sind. Die Freiheit, jederzeit Arbeitsort, Wohnort und Lebensstil zu wechseln. Die Freiheit, Risiken einzugehen, weil man nicht die Last der Verantwortung fühlt, für andere sorgen zu müssen. Hifi-Anlage statt Ehering. Sportwagen statt Familien-Van. Konzerte statt PMS. Restaurants statt Kinderkacke.
Selten eine
so leichte Entscheidung gehabt. Und es ist gar nicht so schwer, dabei zu bleiben: ich bin ja das lebende Beispiel dafür.