Deutschland ist Spitzenreiter. Wieder mal. In keinem anderen europäischen Land wohnen prozentual so viele Haushalte zur Miete - statt in ihrem eigenen Heim (Quelle).
Oder in anderen Worten: in Deutschland verwenden soviele Menschen ihr Einkommen darauf, die Rendite fetter Kapitalgesellschaften zu bezahlen, statt ihr eigenes Kapital zu sichern, wie sonst in keinem europäischen Land.
Das ist tragisch. Nehmen wir mal ein typisches Ehepaar: Andreas und Silke. Wenn sie 80 Jahre in einer Mietwohnung zu 900 € Monatsmiete leben, haben sie 864.000 € bezahlt, die sie nicht vererben können. Wenn sie diese Zeit in ihrem Eigenheim leben, können sie monatlich dieselbe Summe zum Erhalt des Heims ausgeben, vererben aber schließlich das Heim an ihre Kinder - einen Wert, der leicht genauso hoch sein kann.
Die angeführte Quelle zeigt außerdem, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen dem Einkommen und der Wohnsituation. Der Zusammenhang überrascht nicht: Wer viel verdient, wohnt häufiger im eigenen Heim, als wer wenig verdient. Das sagt uns nichts Neues: Wenn Andreas und Silke arm sind, bezahlen sie viel eher die Rendite für fremdes Kapital und können für die Kinder nichts zurücklegen. Sind sie wohlhabender, lassen sie ihr Kapital akkumulieren, indem sie andere die Rendite für ihr eigenes Kapital bezahlen lassen.
Was hat das nun mit der Pflegefalle zu tun? Ganz einfach. Jahrelang hat man uns gepredigt, dass Flexibilität eine Tugend und die Berufstätigkeit von Mann und Frau eine Frage der Gleichberechtigung sei. Wer der Arbeit nicht hinterherzieht oder einen Ehepartner nicht arbeiten schickt, kann es sich entweder finanziell leisten, oder wird sozial stigmatisiert.
Und jetzt kommt's. Wenn Andreas und Silke der Arbeit wegen ihren Wohnort wechseln, entscheiden sie sich wegen der damit verbundenen Verluste natürlich viel eher für eine Mietwohnung - und bezahlen damit anderen die Rendite für fremdes Kapital. Noch viel schlimmer: Wenn Andreas und Silke beide arbeiten gehen (müssen), kann keiner ihre Kinder hüten oder ihre Eltern pflegen. Das müssen dann Einrichtungen übernehmen, die Geld kosten. Jetzt bezahlen Andreas und Silke nicht nur die Rendite fürs Kapital anderer Leute, das in ihrer Wohnung steckt, sondern auch noch fürs Kapital anderer Leute, das im Kindergarten und im Pflegeheim steckt. Raffiniert, nicht?
Leider stellt niemand diesen Kapitalfluss - der in der Regel von Arm nach Reich geht - ernsthaft in Frage. Im Gegenteil. Gegenwärtig ist eine zusätzliche private Pflegeversicherung im Gespräch. Beim Stichwort privat sollten sich Andreas und Silke die Nackenhaare aufstellen, denn das bedeutet: Hier profitiert ein anderer davon, wenn sie Angst vor einer Eventualität haben, die sie ruinieren würde. Sprich: Die private Pflegeversicherung ist ein Instrumnet, damit der Arbeitnehmer nun auch noch die Rendite für das Kapital anderer Leute zahlt, das sie in der Versicherung angelegt haben.
Wenn sich Andreas und Silke das vor Augen halten, können sie dem Einverdienerhaushalt, bei dem jemand zu Hause bleibt und Kinder oder Großeltern pflegt, viel mehr abgewinnen. Sicherlich - beides ist ein harter Job. Aber er ist gut bezahlt. Es erspart ihnen, anderen Leuten ihre Kapitalrendite bezahlen zu müssen.
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