Montag, 8. Juni 2009

Alles ist D.

Too big to fail.

Da standen sie heute vor dem Warenhaus, die Angestellten, und Schilder verkündeten in der x-ten Paraphrase eines unsäglichen Werbetextes, Karstadt sei Deutschland. Deshalb müsse der Staat den Mischkonzern und damit quasi sich selbst retten.

Nun ist unbestritten, dass Karstadt einige der architektonisch schönsten Warenhäuser in Deutschland benutzt(e), deren Erhalt ganz im Sinne des Art. 14 GG auch im Interesse der Allgemeinheit war. Doch mit dem Verkauf der Häuser (darunter das herrliche Haus in Görlitz) hat sich Karstadt spätestens 2007 vollständig aus dieser selbstauferlegten Verantwortung geschlichen. Was gibt es also noch zu belobigen? Gibt es im GG ein Grundrecht auf eine Versorgung mit katalogbekannten Einheitskonsumgütern in lauschigen Stadtzentrentempeln, dessen Erfüllung sich Arcandor gemeinnützig annimmt?

Ich kann die Sorgen der Mitarbeiter verstehen, aber Arcandor ist eine AG, und wenn jemand in der unternehmerischen Pflicht ist, eine AG zu retten, dann ist es nicht Deutschland, sondern die Anteilseigner. Sollen sich nicht so anstellen. Karstadt und Quelle werden selbst im Falle einer Insolvenz nicht einfach verschwinden. Jemand wird sich die Namen, die Infrastruktur, das Geschäftsmodell sichern, wird kürzen, zurechtschneiden, an die Entwicklungen im Konsumverhalten der Kunden anpassen - und dadurch auch wieder Arbeitsplätze schaffen. So geht das in einer Marktwirtschaft.

Zu fett zum Leben

Deutschlands Glück ist, dass Arcandor nicht "too big to fail" ist. Eine blöde Wendung, die so ziemlich auch die Titanic beschreibt. Es klingt wie "zu groß, um zum Untergehen gebracht zu werden". Tatsächlich heißt es: "Zu groß, als dass der Staat sie unbeschadet untergehen lassen könnte". Wie bitte? Habe ich mich bei Ludwig Erhard nicht richtig angestellt? In welcher Marktwirtschaft war denn vorgesehen, dass ein Konzern sich auf dem Boden und mit dem Schutz des Staates so lange vergrößern und verflechten darf, bis er denselben Staat durch seine schiere Größe erpressen darf, wenn er zu platzen droht?

Die Banken haben das schon geschafft. Arcandor will ja nur ans Geld seines Kunden (da kann er drauf verzichten). Die Banken haben es aber schon (da kann er nicht mehr). Und da kommentiert sich doch einer, der es besser wissen müsste, zu seinem eigenen Artikel hinzu, es müsse mit der Bankenkonsolidierung vorangehen! Besser wissen sage ich, weil es heute keine ins Gewicht fallende Wohlstandselite gäbe, wenn es nicht früher viele kleine Gründerfamilien, sondern nur wenige Multis gegeben hätte (da würde er sich ganz schön anstellen). Wenn von 100 Banken 1% krachen geht, dann lächelt der Einlagensicherungsfonds müde und der gesellschaftliche Aufschrei ist gering. Wenn von 5 Banken eine pleitiert, gibt es aber keine 1%, sondern nur 20%. Eine fette Pistole, die sich Deutschland da auf die Brust setzen lässt.

Und die Karstadt-Mitarbeiter helfen die Pistole auch noch hochhalten, obwohl diese oft genug auch auf sie selbst gezeigt hat.

Schlagwort: Fadenschein

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